Guideline

Infektiologie – Therapieempfehlungen

Erstellt von: Rainer Weber, Corinne Chmiel Zuletzt revidiert: 06/2021 Letzte Änderung: 12/2021

Reisemedizin

Für PatientInnen

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in unseren Gesundheitsdossiers.

Hinweise

Guidelines der Schweizerischen Fachgesellschaften

Wir empfehlen, auch laufend die Updates der Guidelines der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie zu konsultieren, die in Zusammenarbeit mit dem BAG im Rahmen der StAR («Strategie Antibiotika Resistenz») und der „Choosing Wisely“ Initiativen erarbeitet werden

Für pädiatrische Infektionen ► siehe PIGS (Pediatric Infectious Diseases Group of Switzerland)

Resistenzdaten Schweiz

Wahl von Antibiotika in der Schwangerschaft

 

Rationaler Gebrauch von Antibiotika und Massnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz

Die korrekte Therapie mit Antibiotika setzt nicht nur ein systemisches Verständnis von Seiten der Ärzt*innen voraus, sondern auch der Patient*innen. Jegliche Antibiotikatherapie kann die normale Flora („Mikrobiom“) schädigen, unerwünschte Wirkungen („Nebenwirkungen“) verursachen oder zur Entwicklung einer Antibiotikaresistenz beitragen. Resistente Bakterien können auch auf andere Patient*innen oder auf gesunde Personen übertragen werden.

Deshalb ist bei bakteriellen Infektionen eine korrekte, gezielte, engspektrige und möglichst kurzdauernde antibiotische Therapie sinnvoll. Nicht jede bakterielle Infektion braucht eine antibiotische Therapie. Zunehmend wird erkannt, dass bakterielle Infektionen z. T. ohne Antibiotika behandelt werden können oder dass die Dauer einer antibiotischen Therapie meist auf 5 Tage begrenzt werden kann; in einigen Situationen sogar auf weniger als 5 Tage.

Die folgenden Überlegungen – für Ärzt*innen und Patient*innen – werden den Therapieempfehlungen vorangestellt.

 

Entscheidungsfindung zur antibiotischen Therapie

1. Strenge Indikationsstellung

Frage: Leidet der/die Patient/in an einer bakteriellen Infektion, welche Antibiotika erfordert?

2. Rechtzeitige mikrobiologische Diagnostik

Fragen: Sind die nötigen und korrekten Proben zur Kultur abgenommen vor Therapiebeginn; und welche empirische Therapie soll begonnen werden vor dem Erhalt der mikrobiologischen Resultate?

3. Korrekte Anwendung

  • Erreger- und Resistenz-gerechte, „gezielte“ Therapie
  • Korrekte Verabreichung der Medikation
  • „De-eskalation“ (von „breit“- zu „schmal“-spektrig; von i.v. zu p.o., oder stoppen der Therapie, wenn die Diagnostik dies erlaubt).

Fragen: Wann ist eine klinische Verlaufskontrolle sinnvoll, bei der die Antibiotika angepasst oder möglicherweise sogar gestoppt werden können; oder von „breit“- auf „schmalspektrig“ gewechselt werden kann?

4. Richtige und kurze Dauer der Therapie

Frage: Welche Therapiedauer ist nötig für diese/n Patienten/in für die spezifische Diagnose?

Quelle: Tamma PD, et al.: Rethinking How Antibiotics Are Prescribed: Incorporating the 4 Moments of Antibiotic Decision Making Into Clinical Practice. JAMA. 2018 Dec 27. doi: 10.1001/jama.2018.19509.

Wahl des Antibiotikums

1. Substanzen mit möglichst engem Spektrum wählen
2. Nebenwirkungsprofil und potentielle Interaktionen mit anderen Medikamenten beachten
3. Umstellen von breit- auf schmalspektrig oder von intravenöser auf orale Therapie, wenn immer möglich
4. Kosten berücksichtigen.

Wahl von Antibiotika in der Schwangerschaft

https://www.embryotox.de/arzneimittel/
In der Schwangerschaft sollen möglichst keine Medikamente verabreicht werden, und wenn solche indiziert sind, dann nur solche ohne Embryotoxizität.

Dauer der antibiotischen Therapie

Die Dauer der Antibiotikatherapie ist für die meisten bakteriellen Infektionen in der Praxis kurz, i.d.R. nicht mehr als fünf Tage! Dies betrifft insbesondere die Infektionen der Atemwege, der Haut und der Harnwege. Langdauernde Therapien sind nur in speziellen Situationen indiziert z. B. bei Endokarditis, Implantatinfektionen, Osteomyelitis oder Infektionen durch spezielle Erreger.

Quelle: https://ssi.guidelines.ch/ sowie „Appropriate Use of Short-Course Antibiotics in Common Infections: Best Practice Advice From the American College of Physicians.” Ann Intern Med 2021. doi:10.7326/M20-7355.

Resistenzen gegenüber Antibiotika

https://guide.anresis.ch
https://www.ecdc.europa.eu/en/surveillance-and-disease-data

Auch in der ambulanten Praxis nimmt die Resistenz gegenüber Antibiotika rasch zu. Bitte informieren Sie sich auf der Homepage von ANRESIS. ANRESIS, das Schweizerische Zentrum für Antibiotikaresistenzen, ist ein repräsentativ

es, nationales Überwachungssystem und Forschungsinstrument für Antibiotikaresistenzen und Antibiotikakonsum. Es wird vom Institut für Infektionskrankheiten (IFIK) der Universität Bern mit Unterstützung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) geführt.

https://guide.anresis.ch bietet eine interaktive Darstellung der neuesten Resistenzdaten und enthält Behandlungsrichtlinien.

Auf der Homepage des Europäischen Centers for Disease Control (ECDC) können im „Surveillance ATLAS of Infectious Diseases“ die Antibiotikaresistenzen in verschiedenen Ländern für zahlreiche wichtige bakterielle Erreger nachgeschaut werden (https://www.ecdc.europa.eu/en/surveillance-and-disease-data).

Im Zeitalter der Globalisierung und der enormen Mobilität der Bevölkerung sind für eine individuelle Antibiotikaverschreibung auch globale Informationen nötig. Zur Zeit ist die schnelle Visualisierung von Daten noch lückenhaft. Globale Daten sind z. B. über https://resistancemap.cddep.org/ oder z. T. über die GHO Map Gallery der WHO auffindbar.

Merksätze

  • Fieber und Anstieg von Entzündungsparametern haben auch nicht-infektiöse Ursachen
  • Antibiotika sind keine Antipyretika
  • Häufige Ursachen für Unwirksamkeit einer Antibiotika-Therapie
    • Drug fever (Medikamentenfieber)
    • Persistierende Infektionen bei liegendem Venen- oder Blasenkatheter oder bei Implantaten
    • Falsches Antibiotikum
    • Antibiotika sind wirkungslos bei Virus- und Pilzinfektionen.
  • Dauer der Antibiotika-Gabe
    • Antibiotika werden häufig zu lange gegeben.
  • Antibiotika nicht zu häufig wechseln! Auch die beste Antibiotika-Kombination erzielt eine Entfieberung meist erst nach 2–3 Tagen.

Nicht-antibiotische Massnahmen zur Bekämpfung von bakteriellen Infektionen

  • Präventions-/Hygienemassnahmen und Infektionsmanagement
  • Impfungen.

 

1. Dermatologie

1.1. Balanitis

* Links: Urologielehrbuch.de, Balanitis; Altmeyers Enzyklopädie, Balanitis simplexAltmeyers Enzyklopädie, Balanitis candidamycetica; Altmeyers Enzyklopädie, Bakterielle Balanitis

 

1.2. Bisswunde (falls infiziert ggfls. Kultur)

* Link: Schweiz. Impfplan 2023

 

1.3. Condylomata acuminata

 

1.4. Erysipel

 

1.5. Erythema chronicum migrans

* Link: Schweiz. Gesellschaft für Infektiologie

 

1.6. Herpes simplex

* Link: Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital Bern

 

1.7. Herpes Zoster

* Link: BAG-Impfempfehlung 2021

 

1.8. Impetigo

* Links: https://guide.anresis.ch, Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital Bern

 

2. Gastroenterologie

2.1. Diarrhö, mit und ohne Reiseanamnese

* Links: Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital Bern, mediX Guideline Diarrhö

 

2.2.Divertikulitis

* Link: Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital Bern

 

2.3. Helicobacter pylori

* Link: https://guide.anresis.ch (dieser link ersetzt INFECT by anresis)

 

3. Gynäkologie

3.1. Adnexitis

 

3.2. Lues/Syphilis

* Links: Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital Bern; Schweiz. Gesellschaft für Infektiologie: https://ssi.guidelines.ch/

 

3.3. Mastitis

 

3.4. Vaginale Infekte

 

3.5. Zervizitis

 

 

4. Neurologie

4.1. Meningitis und Meningitisprophylaxe

* Link: Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital Bern

 

 

5. Ophthalmolgie

5.1. Bakterielle Konjunktivitis

* Link: Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital Bern

 

6. ORL

6.1. Otitis media

* Link: Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital Bern

 

6.2. Sinusitis

* Links: Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital Bern, Schweiz. Gesellschaft für Infektiologie: https://ssi.guidelines.ch/

 

6.3. Streptokokken-A-Angina

 

 

7. Pneumologie

7.1. Bronchitis, COPD

* Links: mediX Guideline COPD, (El Moussaoui et al., Thorax, 2008), N Engl J Med 2019; 381:111-120, Schweiz. Gesellschaft für Infektiologie: https://ssi.guidelines.ch/

 

7.2. Pertussis

* Link: BAG 2017

 

7.3. Pneumonie (ambulant)

* Links: https://ssi.guidelines.ch/guideline/3007/31083, https://ssi.guidelines.ch/, Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital Bern

 

8. Urologie

8.1. Akute Pyelonephritis

* Link: SGInf Guidelines

 

8.2. Asymptomatische Bakteriurie



8.3. Epididymoorchitis

* Link: Urologielehrbuch.de: Epididymitis

 

8.4. Harnwegsinfekte

* Links: Eur J Pediatr. (2020)Swiss consensus recommendations on urinary tract infections in childrenmediX Guideline HWI Kinder, mediX Guideline HWI Erwachsenehttps://guide.anresis.ch, www.sginf.chhttps://ssi.guidelines.ch/guideline/2981/30331SGINF: Behandlung von unkomplizierten Harnwegsinfektionen

 

8.5. Prostatitis

* Link: Universitätsklinik für Infektiologie, Inselspital Bern

 

8.6. Urethritis

* Link: Schweiz. Gesellschaft für Infektiologie: https://ssi.guidelines.ch/

 

8.7. Lues/Syphilis

Siehe unter Kap. 3.2. (Gynäkologie)

 

 

9. Anhang

Antibiotika – Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz

  • Dosierungen im Arzneimittelkompendium bei Niereninsuffizienz sind meist nicht ganz korrekt, v. a. wenn hohe Dosierungen eingesetzt werden müssen. Deshalb Dosierungen bei Niereninsuffizienz nachschauen, z. B. im Sanford oder Nachfragen bei Nephrologen/Infektiologen
  • Patienten an der Hämofiltration, Hämodialyse, CAPD etc. –> Nachfragen bei Nephrologen/Infektiologen
  • Cave: Die Dosis hängt von der Indikation ab, mitberücksichtigen!

Amoxicillin
Kreat-Cl > 60 ml/min: 4–6 x 2 g i.v.
Kreat-Cl 30–60 ml/min: 3–4 x 2 g i.v.
Kreat-Cl 10–30 ml/min: 2–3 x 2 g i.v.
Kreat-Cl < 10 ml/min: 2 x 500–1’000 mg i.v.  

Amoxicillin/Clavulansäure
Kreat-Cl > 30 ml/min: 2 x 1 g p.o. oder 3 x 1,2–2,2 g i.v. (bis 6 x 2,2 g i.v.)
Kreat-Cl 10–30 ml/min: 2–3 x 625 mg p.o. oder 2 x 1,2–2,2 g i.v.
Kreat-Cl < 10 ml/min: 2 x 625 mg p.o. oder 1 x 1,2 g i.v.

Cefepime
Kreat-Cl > 50 ml/min: 2–3 x 2 g i.v.
Kreat-Cl 30–50 ml/min: 1–2 x 2 g i.v.
Kreat-Cl 10–30 ml/min: 1 x 1–2 g i.v.
Kreat-Cl < 10 ml/min: 1 x 0,5–1 g i.v.

Ceftazidim
Kreat-Cl > 50 ml/min: 3 x 2 g i.v.
Kreat-Cl 30–50 ml/min: 2 x 2 g i.v.
Kreat-Cl 10–30 ml/min: 1 x 2 g i.v.
Kreat-Cl < 10 ml/min: 1 x 0,5–1 g i.v.

Ciprofloxacin
Kreat-Cl > 30 ml/min: 2 x 500–750 mg p.o (2 x 400 mg i.v.)
Kreat-Cl 10–30 ml/min: Volle Dosis, bei zusätzlicher Leberinsuffizienz 50 % der Dosis
Kreat-Cl < 10 ml/min: P.o. 50 % der Dosis, max 750 mg/d (i.v. 1 x 400 mg)

Clarithromycin
Kreat-Cl > 30 ml/min: 2 x 250–500 mg p.o.
Kreat-Cl < 30 ml/min: 2 x 250 mg p.o.

Ertapenem
Kreat-Cl > 50 ml/min: 3–6 x 2 g i.v.
Kreat-Cl 30–50 ml/min: 3–4 x 2 g i.v.
Kreat-Cl 10–30 ml/min: 2–3 x 2 g i.v.
Kreat-Cl < 10 ml/min: 2 x 1–2 g i.v.

Fluconazol
Kreat-Cl > 50 ml/min: 100 % der Dosis
Kreat-Cl < 50 ml/min: 50 % der Dosis

Meropenem
Kreat-Cl > 50 ml/min: 3 x 1–2 g i.v.
Kreat-Cl 25–50 ml/min: 2 x 1–2 g i.v.
Kreat-Cl 10–25 ml/min: 2 x 0,5–1 g i.v.
Kreat-Cl < 10 ml/min: 1 x 0,5–1g i.v.

Penicillin G
Kreat-Cl > 50 ml/min: 6 x 3 Mio. E
Kreat-Cl 10–50 ml/min: 4 x 3 Mio. E
Kreat-Cl < 10 ml/min: 3 x 3 Mio. E

Piperacillin/Tazobactam
Kreat-Cl > 30 ml/min: 3 x 4,5 g i.v.
Kreat-Cl < 30 ml/min: 2 x 4,5 g i.v.

SMX/TMP
Kreat-Cl > 30 ml/min: 100 % der Dosis
Kreat-Cl 10–30 ml/min: 50 % der Dosis
Kreat-Cl < 10 ml/min: Kein SMX/TMP geben (ausser bei PjP [Pneumocystis jirovecii Pneumonie]*)
*Bei sehr hoch zu dosierenden Therapien (Endocarditis, Meningitis) Rücksprache mit Nephrologen/Infektiologen

 

10. Impressum

Diese Guideline wurde im November 2017 erstellt. Letzte Aktualisierung: Juni 2021.  
© Verein mediX schweiz

Herausgeber
Dr. med. Felix Huber

Redaktion 
Dr. med. Uwe Beise
PD Dr. med. Corinne Chmiel
Dr. med. Maria Huber

Autoren
Prof. Dr. med. Rainer Weber
PD Dr. med. Corinne Chmiel

Rückmeldungen bitte an:

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