Impfungen 2020

Erstellt von: Daniela Puhan, Felix Huber, Rolf Solèr | Zuletzt revidiert: 02/2020

Factsheet als PDF

Der BAG-Impfplan 2020 weist gegenüber dem Impfplan 2019 keine Neuerungen auf. Deshalb bleibt dieses Factsheet bis auf eine Korrektur im Abschnitt HPV unverändert. Bei Änderungen wird dieses Factsheet laufend aktualisiert.

Die Themen sind alphabetisch angeordnet.

Allgemeines

  • Jede Impfung zählt. Nie nochmals von vorne beginnen, wenn Impfungen dokumentiert sind; auch nicht, wenn sie 30 Jahre zurückliegen. Es gibt also keine Maximalabstände, aber Minimalabstände zwischen den Impfungen
  • Bei OAK trotzdem i.m. impfen, da bessere Wirkung und weniger NW als s.c.. Kompression von 2 min und nicht aspirieren!
  • Man kann so viele Impfungen gleichzeitig machen, wie man will (egal ob Tot- oder Lebendimpfstoffe), sie sollten 2,5 cm Abstand haben
  • Bei Lebendimpfstoffen entweder gleichzeitig oder mindestens 4 Wochen Abstand
    • Beispiel: Wer Gelbfieber nicht durchführen kann, aber dem Patienten MMR verabreichen möchte, soll den Patienten weiterschicken, damit dies vor geplanten Reisen zeitgleich gemacht werden kann.
  • Lebendimpfstoffe: Varizellen, MMR, Gelbfieber –> nicht bei > 2 mg/kgKG Prednison, nicht bei Transplantierten!
  • Man kann nicht zu viel impfen. 1960 hatte man in den Impfungen > 7’000 Antigene. Durch verbesserte Verfahren sind es heute < 50!
  • Was tun, wenn keine Impfung dokumentiert ist, aber es heisst, es „sei als Kind geimpft worden“?
    –> 2 x MMR, DTpaIPV Booster, nach 4–8 Wochen Titer anti-Tetanustoxin IgG. Falls Titer > 1’000 IE/l –> keine Impfung mehr, falls zwischen 500 und 1’000 –> 1 Impfung in 6 Monaten, falls < 500 2 Dosen Monat 2 und Monat 6 nach letzter Dosis
  • Für Immigranten kann hier nachgeschaut werden, welchen Impfplan es in diesem Land gibt. Die meisten Länder sind bezüglich Impfungen besser als man denkt (–> WHO)
  • Zika-Virus: Bei Impfberatung für Auslandreisen immer noch darauf hinweisen, dass in einem Zikavirusgebiet bei Frauen 8 Wochen und bei Männern 6 Monate mit einem Kondom verhütet werden muss. Serologien sind nicht gut validiert (s. a. Swiss TPH)
  • NEU: Der neue vereinfachte Impfplan sieht drei Impfdosen im Alter von 2, 4 und 12 Monaten vor – gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis, Haemophilus influenzae Typ B und Hepatitis B. Im Vergleich zum bisherigen Impfplan entfällt die Impfung mit 6 Monaten, wodurch die 1. Auffrischimpfung bereits mit 12 Monaten erfolgt (bevorzugt hexavalenter Impfstoff)
  • Die im Alter von 12 Monaten empfohlenen 3 Impfungen (je eine Dosis DTPa-IPV-Hib-HBV, PCV13 und MMR) können gleichzeitig oder aufgeteilt auf zwei Konsultationen in beliebig kurzen Abständen zueinander verabreicht werden
  • Die DTPa-IPV-Hib-HBV- und Pneumokokkenimpfung sollen vor dem Alter von 13 Monaten abgeschlossen sein.

FSME

  • Für alle Personen (ab 6 J.) in Endemiegebieten: 3 Dosen, alle 10 Jahre auffrischen. Über 60-Jährige ev. alle 5 Jahre auffrischen, wenn sie entsprechend exponiert sind (Garten, Pilzsammler etc.)
  • Zeitpunkt: Die ersten beiden optimal zwischen Ende Oktober bis Ende Februar; nur eine Impfung schützt nicht in der folgenden Saison!
  • Schnellimmunisierung: Encepur®: 0, 7, 21 d; FSME-Immun®: 0, 14 d, 5–12 Mo. 

Grippeimpfung

  • Zeitpunkt: Optimal zwischen Mitte Oktober und Mitte November. Impfung hält 4–6 Monate an
  • Wirksamkeit ist schlecht belegt: Abhängig von Alter und Immunkompetenz der Geimpften sowie von der Übereinstimmung der Impfantigene mit den zirkulierenden Influenzaviren. Wir empfehlen den quadrivalenten Impfstoff zu verwenden, auch für Kinder und Schwangere. Wer trotz Impfung an Grippe erkrankt, erleidet meist einen milderen Verlauf und seltener Komplikationen und Hospitalisierungen
  • Nebenwirkungen: Sind minim, weswegen sich die Impfung meist doch lohnt
  • Für > 65-Jährige und Medizinalpersonal zahlt die KK
  • Auch für Schwangere bis 4 Wochen nach der Geburt empfohlen
  • Auch wenn es keine guten Studien gibt, die die Wirksamkeit überzeugend belegen, empfehlen wir die Grippeimpfung im bisherigen Rahmen weiterzuführen.

Hepatitis A

  • Empfohlen für
    • Reisende in Länder mit mittlerer bis hoher Endemizität
    • Männer mit sexuellen Kontakten zu Männern
    • Personen mit beruflichem Kontakt zu Drogenkonsumierenden und/oder Personen aus Ländern mit hoher Endemizität
    • Kanalisationsarbeiter und Angestellte von Kläranlagen
    • Patienten mit einer chronischen Lebererkrankung. Innerhalb von 7 Tagen nach Exposition zur Sekundärprävention verabreichen.

Hepatitis B

  • Keine Titerbestimmung zu „irgendeinem“ Zeitpunkt, wenn dann 1–2 Monate nach einer Impfung, da die Antikörper nach einigen Jahren aus dem Serum verschwinden können. Der Impfschutz besteht dank des immunologischen Gedächtnisses weiter. Das spezifische Vorgehen wird im Anhang 4 des Impfplans 2018 (S. 40–41) beschrieben
  • Impfung empfohlen für alle Kinder und Jugendlichen. Speziell für Risikopersonen (chron. Erkrankungen –> v. a. Lebererkrankungen, Personen mit Immunsuppression, Medizinal- und Pflegepersonal, bei häufig wechselnden Sexualpartnern, Kontaktpersonen von HBsAg-positiven Personen, Personal von Sozialeinrichtungen, Heimen, Polizei, Gefängnissen)
  • NEU: Die Basisimpfung gegen Hepatitis B wird für Säuglinge mit einem hexavalenten Kombinationsimpfstoff mit Impfungen im Alter von 2, 4 und 12 Monaten empfohlen (s. o.). Die Impfung im Alter von 11–15 Jahren für bisher nicht gegen Hepatitis B geimpfte Jugendliche bleibt weiterhin empfohlen.

Herpes Zoster

  • Zostavax® kann ab 65–80 J. geimpft werden. Einmalige Impfung. Effekt begrenzt (50 % auf Zoster), aber guter Effekt bei schweren Komplikationen (z. B. 67 % bei postherpetischer Neuralgie). Effekt nimmt mit den Jahren nach Impfung ab (nach 6 Jahren unter 35 %). Nur bei Immunkompetenten, da Lebendimpfstoff! Kosten: CHF 160.– werden nicht von der KK übernommen
  • Impfempfehlung für Risikopersonen im Alter von 50–79 Jahren
    • Wenn eine immunsuppressive Therapie geplant ist. Die Impfung sollte 4 Wochen vor Therapiebeginn erfolgen
    • Personen, die bereits eine „leichte“ Immundefizienz aufweisen (Hinweise auf eine humorale Immundefizienz wie Hypogamma-, Dysgammaglobulinämie). Sie ist jedoch kontraindiziert bei Patientinnen und Patienten mit zellulärer Immundefizienz.
  • Ergänzende Impfempfehlung für immunkompetente Personen im Alter von 65–79 J., unabhängig von der Varizellen- oder Zoster-Anamnese, und ohne vorgängige Serologie. Für Leute, die max. Schutz wünschen
  • In der Schweiz noch nicht zugelassen: Shingrix® (Totimpfstoff), deutlich höhere Schutzrate, muss im Ausland bestellt werden.

HPV

  • Die HPV-Impfung wird Mädchen zwischen 11 und 14 Jahren als Basisimpfung empfohlen. Nachimpfung bei allen jungen Frauen zwischen 15 und 19 Jahren, die noch keine Impfung erhalten haben – auch wenn sie bereits sexuelle Beziehungen hatten. Im Einzelfall auch noch bei jungen Frauen zwischen 20 und 26 Jahren
  • Die HPV-Impfung wird Jungen zwischen 11 und 14 Jahren als ergänzende Impfung empfohlen. Nachimpfung bei jungen Männern zwischen 15 und 19 Jahren; im Einzelfall auch bei jungen Männern zwischen 20 und 26 Jahren
  • Die kantonalen Impfprogramme übernehmen die Kosten nur, wenn die erste Impfung vor dem 27. Geburtstag durchgeführt wurde. Am sinnvollsten ist die HPV-Impfung vor dem ersten Geschlechtsverkehr, idealerweise vor dem 15. Geburtstag. Für Knaben ist die Impfung genauso wichtig, da Männer ebenso viele HPV assoziierte Krebse entwickeln. Wird von KK bezahlt gemäss den kantonalen Programmen. Man muss sich bei der kantonalen GD anmelden und Gardasil® über die GD bestellen (weitere Informationen hier)
  • Der 9-valente Impfstoff Gardasil 9® verbreitert den Schutz ohne Einbusse an Wirksamkeit, lokale Nebenwirkungen sind meist mild und nicht häufiger als bei anderen Impfstoffen. Es gilt folgendes
    • Eine Impfserie besteht aus zwei Dosen, falls die erste Impfdosis vor dem 15. Geburtstag (Zeitpunkt 0 und 6 Monate) verabreicht wird. Danach – und bei Immunschwäche – drei Dosen.

Meningokokken

  • NEU: Die ergänzende Impfung gegen Meningokokken wird ab 2019 gegen die vier Serogruppen A, C, W, Y (Menveo®) für Kinder im Alter von 24 Monaten empfohlen
  • Fakultative Impfung bei Gesunden im Alter 11–19 J.: 1 Dosis. Sonst empfohlen für Personen mit Immunstörungen und Rekruten, funktionelle oder anatomische Asplenie, Defizite des Komplementsystems, homozygote Protein-S- und -C-Defizite, bei Aufenthalt (> 1 Monat) in einem Endemiegebiet oder auch bei kurzem Aufenthalt in einem Epidemiegebiet (Kosten zu Lasten des Reisenden).

MMR

  • Impfung 2 x für alle Personen jünger als Jahrgang 1963, wenn nicht dokumentiert. Bei Personen ab Jahrgang 1963 und älter nimmt man an, dass sie mit dem Wildtyp in Kontakt gekommen sind. Abstand von mindestens 1 Monat zwischen den Impfungen. Keine Serologien durchführen, da verwirrend
  • NEU: Die 1. Dosis des MMR-Impfstoffs wird laut Impfplan 2019 bereits im Alter von 9 Monaten, die 2. Dosis mit 12 Monaten verabreicht. Da mit12 Monaten 3 Impfungen auf dem Programm stehen, kann die 2. MMR-Impfung um einen Monat (!) verschoben werden. Das heisst, bei der 12 Monats-Konsultation werden die Eltern aufgefordert, in einem Monat die 2. MMR bei den MPA machen zu lassen, ohne Arztkonsultation.

Pertussis

  • Ziel: Schutz der Säuglinge < 6 Monate. Für Schwangere Ende 2. Trimenon immer und in jeder SS. Zudem Väter, Grosseltern wegen Kontakt zu ungeimpften Säuglingen, falls Impfung > 10 Jahre her, Krippenmitarbeiter etc.
  • Pertussis gibt es nur in Kombination mit diTe oder diTeIPV. Also bei jeder Te-Auffrischimpfung eine Kombination mit Pertussisimpfung in Erwägung ziehen.

Pneumokokken

  • Einmalig für Risikogruppen, also alle chronischen Erkrankungen, vor immunsuppressiver Therapie, Krebs etc.
  • Wer mit dem 23-valenten Impfstoff (Pneumovax®) geimpft wurde, soll mit 13-valentem (Prevenar®) nachgeimpft werden. Dies wird nicht von der KK bezahlt. Prevenar ist off-label für Erwachsene, wird aber offiziell empfohlen. Wirkdauer: 5–10 Jahre, trotzdem wird aktuell kein Booster empfohlen
  • NEU: Die Pneumokokkeninpfung von Kindern < 5 Jahre wird als Basisimpfung und nicht mehr als ergänzende Impfung empfohlen. Das Impfschema für Säuglinge (ohne RF) bleibt bei 3 Dosen im Alter von 2, 4 und 12 Monaten.

Poliomyelitis

  • NEU: Ab 2019 beinhaltet die empfohlene Basisimpfung gegen Polio 4 Dosen. Für Säuglinge, die erstmals vor 2019 mit dem 3+1-Impfschema geimpft wurden, bleibt der 5-Dosis-Impfplan gültig
  • Nach der Grundimpfung sind keine regelmässigen Nachimpfungen mehr nötig!
  • Bei Aufenthalten in Afrika und teilweise in Asien wird immer noch eine Auffrischung alle 10 Jahre empfohlen (idealerweise kombiniertmit diTe [Per]).

Schwangere

  • Keine Lebendimpfungen (MMR, Varizellen)! –> also vor geplanter SS impfen, max. bis 1 Monat vor SS
  • Influenza und Pertussis (2. Trimenon) sollten während der SS geimpft werden, da die Antikörper auch auf das Ungeborene übertragen werden und dieses schützen. Also: dTpa in jeder SS, Grippe saisonal.

Tetanus und Diphterie

  • Falls noch nie geimpft: 3 Dosen in Abständen von 0, 2 und 8 Monaten impfen. Ansonsten 1 Auffrischung im Alter zwischen 25–30 J. und dann alle 20 Jahre. Im Alter ab 65 J. wieder alle 10 Jahre, da das Immunsystem weniger leistungsfähig ist. Abstand der Tetanusimpfungen kann auch unter 2 Jahre sein, es gibt dann einfach eine stärkere Lokalreaktion. Immer überlegen, ob gleichzeitig zusätzlich Impfungen gegen Pertussis (Kontakt mit Säuglingen) und/oder Polio (Aufenthalte Afrika/Asien) indiziert sind.

Tollwut

  • Es braucht nur zwei Impfungen für eine Grundimmunisierung (neue WHO-Richtlinie), ideal bei 0 und 21–28 Tagen, wenn es pressiert geht auch 0 und mindestens 7 Tage
  • Begonnene Grundimpfungsserien können angepasst werden (nur 2 statt 3)
  • Nach frühestens einem Jahr wird eine Auffrischimpfung empfohlen, wenn wieder eine Reise in ein Risikogebiet ansteht
  • Danach werden Auffrischimpfungen nur noch nach Tierbiss durchgeführt (dann zwei Impfungen, möglichst rasch, ideal 0–1 und 3 Tage nach Biss)
  • Die Auffrischung nach Tierbiss entfällt, wenn die letzte Tollwutimpfung weniger als 3 Monate her ist (Grundimpfung oder Auffrischung)
  • Die Impfung kann auch intradermal (intrakutane Quaddel wie Mantoux) durchgeführt werden: 0,1–0,2 ml intracutan. Empfiehlt sich aus Kostengründen, wenn gleichzeitig mehrere Personen (z. B. Familienmitglieder) geimpft werden sollen –> Alle Personen gemeinsam am selben Termin impfen: Impfstoff aus einer Ampulle entnehmen, nur die Nadeln wechseln
  • Wird nur eine Person geimpft, besser ganze Ampulle i.m. impfen.

Varizellen

  • Wenn nicht durchgemacht –> 2 Impfungen im Abstand von 1 Monat (unbedingt vor einer Schwangerschaft planen, s. a. „Schwangere“)
  • Eine Bestimmung der VZV-IgG-Antikörper bei negativer oder zweifelhafter Varizellen-Anamnese kann im empfohlenen Impfalter (11–40 Jahre) sinnvoll sein. Die Alternative mit vs. ohne Antikörperbestimmung kann man individuell mit den Patienten diskutieren, da beide Vorgehensweisen Vor- und Nachteile haben. Kosten: Titer: CHF 42.–, Impfung 2 x: CHF 130.–; wird von KK nicht übernommen
  • Gegen Varizellen geimpfte Personen haben zudem eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit an Herpes zoster zu erkranken. Wenn sie doch erkranken, ist zudem der Verlauf nur mild.

Literatur

  1. Persönliche Korrespondenz mit Infovac Mitarbeitern
  2. Schweizerischer Impfplan 2018
  3. Synopsis BAG Impfplan 2019
  4. Infovac Bulletins

 

Februar 2020

Autoren
Dr. med. Daniela Puhan
Dr. med. Felix Huber
Dr. med. Rolf Solèr