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Entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankungen

Erstellt von: Mariusz Wasila, Uwe Beise Zuletzt revidiert: 11/2019 Letzte Änderung: 11/2019

Rheuma

Für PatientInnen

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in unseren Gesundheitsdossiers.

1. EINTEILUNG

Es existieren verschiedene Einteilungen entzündlich-rheumatischer Erkrankungen, eine Übersicht bietet Tabelle 1.

Hilfreich für die Diagnose (–> s. Kap. 2) sind die Einteilungen

  • Nach Zahl der betroffenen Gelenke
    • Monoartikulär: 1 Gelenk
    • Oligoartikulär: 2–4 Gelenke
    • Polyartikulär: ≥ 5 Gelenke
  • Nach zeitlichem Verlauf
    • Akut (bis 6 Wochen)
    • Periodisch
    • Chronisch (≥ 3 Monate)

Tabelle 1: Einteilung der rheumatischen Erkrankungen (nach B. A. Michel: Rheumatologie im klinischen Alltag, Rheuma Schweiz)

2. DIAGNOSTIK (1–6)

2.1. ANAMNESE  

Neu aufgetretener Gelenkschmerz erfordert meist eine gründliche Anamnese und körperliche Untersuchung, um die mögliche Ursache einzugrenzen!

Anamnese

  • Verlauf
    • Beginn der Schwellung langsam/schnell, konstant zunehmend, intermittierend
    • Vorheriges Trauma.
  • Lokalisation
    • Befall welcher Gelenke, wandernder Schmerz.
  • Symptomatik (Hinweise auf eine Arthritis)
    • Schwellung der Gelenke
    • Morgensteifigkeit > 30 min
    • Besserung im Laufe des Tages durch Bewegung
    • Nächtlicher, morgendlicher Schmerz, Besserung im Laufe des Tages oder konstant
    • Wandernder Schmerz, zunehmende Anzahl betroffener Gelenke.
  • Medikamente
    • Bisherige Analgetika
    • Bisherige Steroide
    • Ansprechen auf NSAR
    • Medikamentöse Nebenwirkungen (Statine).
  • Bisherige Abklärungen
    • Labor, Röntgen, MRI, Sonographie.
  • Vorausgegange Erkrankungen
    • Infekte; speziell GI-Infekt, Infekt der oberen Atemwege, HWI, Dysurie
    • Ungeschützter Geschlechtsverkehr
    • Reiseanamnese, Zeckenstich, Erythema migrans (vor allem bei Kniegelenksschwellung).

Systemanamnese

  • Noxen
    • Z. B. Nikotin, Alkohol (–> Gicht), Drogen (Kokain –> Vaskulitis).
  • B-Symptomatik?

  • Hautbefunde
    • Psoriasis, Nagelbefall, Hauteffloreszenzen (reaktive Arthritis, Sarkoidose, SLE, Vaskulitis, Behçet), Alopezie (SLE), Photosensitivität (SLE), Balanitis (reaktive Arthritis), Aphten enoral und genital (Behçet).
  • Entzündlicher Rückenschmerz
    • Nächtlicher Schmerz, Morgensteifigkeit > 30 Minuten, Besserung im Laufe des Tages/durch Bewegung, keine Besserung in Ruhe.
  • Entzündlich (rheumatische) Begleiterkrankungen/Symptome
    • Augenentzündungen (Konjunktivitis), chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED), Daktylitis (Spondyloarthritis), Fersenschmerz, Schmerzen in der Fussohle (Plantarfasziitis) (Spondyloarthritis)
    • Epicondylitis (Anamnese positiv auf Tennis-/Golferellbogen), (Spondyloarthritis), Raynaud (Kollagenose), Sicca-Symptomatik (Sjögren-Syndrom).
  • Systemische Erkrankungen/Symptome
    • Kardiopulmonale, gastrointestinale Erkrankungen
    • Tumorerkrankung in der Vorgeschichte
    • Osteoporose
    • Myalgien, Muskelschwäche.

Wichtig: Typische Leitsymptome müssen gezielt erfragt werden, da die Patienten diese nicht immer spontan mitteilen –> z. B. Xerophthalmie bei Sjögren-Syndrom, Dysurie bei Chlamydia-assoziierter Arthritis, Erythema migrans bei Lyme-Arthritis!

Familienanamnese

  • Rheumatologische Erkrankungen
  • Psoriasis
  • CED.

Red Flags

  • B-Symptomatik
  • Rückenschmerzen: Entzündlicher Rückenschmerz (nächtlicher Schmerz, morgendlicher Schmerz und Morgensteifigkeit), neu aufgetretene Rückenschmerzen < 20 J. und > 55 J., Trauma, bekannte Osteoporose, Drogenabusus, Fieber, Tumor in der Anamnese, Immunsuppressiva, neurologische Ausfälle (periphere Paresen, Cauda equina-Symptome).

2.2. KÖRPERLICHE UNTERSUCHUNG  

  • Untersuchungen der Gelenkstrukturen
    • Gelenk geschwollen, druckdolent
    • Gelenksdeformitäten
    • Geschwollene Sehnen/Sehnenscheiden
    • Gänslen-Zeichen (mit leichtem Druck die Hand in Höhe der Fingergrundgelenke den Vorfuss in Höhe der Zehengrundgelenke. Dabei auftretender Schmerz weist auf entzündliche Gelenkveränderungen hin)
    • Volarflexionsschmerz (im Handgelenk)
    • Daktylitis
    • Druckdolenz der Ferse, Fusssohle
    • Untersuchung Wirbelsäule, ISG druckdolent, Menell-Test, Finger-Boden-Abstand, Kinn-Sternum-Abstand.
  • Hauteffloreszenzen
    • Psoriasisherde
    • Nagelbefall.

Differentialdiagnose Schmerz im Muskel-Gelenk-Bereich

  • Myalgie
    • Muskelschwäche und -atrophie mit sekundärem Schmerz bei Polymyositis/Dermatomyositis.
  • Enthesitis
    • Entzündung von Sehnenansätzen: Hinweisend auf Spondyloarthropathie.
      Schmerzursache Tenosynovialitis: Schwellung, Schmerz, ev. Krepitation entlang einer Sehnenscheide (z. B. Tenosynovitis der Sehne des M. extensor carpi ulnaris bei Rheumatoider Arthritis).
  • Neuralgischer Schmerz
    • Brennender, oberflächlicher, einschiessender Schmerz, evtl. mit Parästhesien (z. B. bei Karpaltunnelsyndrom, radikuläres Schmerzsyndrom, Neuritis entlang eines Dermatoms).
  • Ischämie
    • Dumpfer, belastungs- und lageabhängiger Schmerz, z. B. bei PAVK oder Vaskulitis.

2.3. SCHRITTE ZUR DIAGNOSE

2.3.1. Unterscheidung: Entzündlich oder degenerativ

Tabelle 2: Anamnestische Hinweise auf entzündliche vs. degenerative Gelenkerkrankung

Hinweis: Zur Diagnostik und Therapie der Arthrose siehe mediX GL Arthrose/Weichteilrheuma

2.3.2. Welche Gelenke sind betroffen? (Befallmuster)

Tabelle 3: Differentialdiagnose von Mono-, Oligo- und Polyarthritiden (häufigere Erkrankungen fett hervorgehoben)

Beachte: Jede Polyarthritis kann als Mono- oder Oligoarthritis, jede Oligoarthritis als Monoarthritis beginnen!

Sind grosse oder kleine Gelenke befallen?

  • Kleine Gelenke (z. B. Finger-/Zehengelenke): Typisch u. a. für RA und Kollagenosen
  • Grosse Gelenke (z. B. Knie-/Sprunggelenk): Bei reaktiven Arthritiden, Spondyloarthritiden, Kristallarthropathien oder septischer Arthritis, aktivierte Arthrose.

Tabelle 4: Typische Befallsmuster (Auswahl)

2.3.3. Klinische Befunde und notwendige Abklärungen

Tabelle 5: Wichtige entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankungen – Symptome und diagnostische Massnahmen


2.4. LABORUNTERSUCHUNGEN  

Basislabor

  • BSR, CRP, Blutbild, Kreatinin, Transaminasen, Harnsäure, TSH, Ferritin, CK.

Speziallabor

–> Bei Verdacht auf Rheumatoide Arthritis

  • ANA, Anti-CCP, Rheumafaktoren (RF). ANCA nur bei klinisch Verdacht auf Kleingefässvaskulitis (Purpura, Nephropathie, Lungenbefall). RF sind nicht sehr spezifisch (60–80 %), deshalb immer auch Anti-CCP-AK bestimmen (Spezifität: 95–98 %) Cave: seronegative Polyarthritis gibt es auch!
    Beachte: Bei Patienten mit klinisch unklaren Arthralgien besteht bei Nachweis von positiven Anti-CCP-Antikörpern ein hohes Risiko für die Entwicklung einer RA

    * ANA = Antinukleäre Antikörper, welche gegen Antigene im Zellkern und im Zytoplasma gerichtet sind
    Anti-CCP = Cyclische citrullinierte Peptid-Antikörper; ANCA: Anti-Neutrophile cytoplasmatische Antikörper

  • Positiver ANA-Test bei den meisten Labors > 1:80 –> Überweisung zum Rheumatologen.

–> Bei Verdacht auf reaktive Arthritis/Nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr

  • HIV, Hepatitis B/C-Serologie. PCR auf Chlamydien und Gonokokken im 1. Morgenurin.

–> Bei unklarer Gonarthritis

  • Gelenkspunktat: Allgemeine Bakteriologie, Kristalle, evtl. PCR auf Borrelien, Chlamydien und Gonokokken bei V. a. reaktive Arthritis, Zeckenstich in der Anamnese.

Punktion von Synovialflüssigkeit aus Gelenken (Arthrozentese)

  • Indikation
    • Zur DD bei unklarer Monoarthritis –> Ausschluss bakterielle Arthritis, Kristallarthropathie, aktivierte Arthrose, entzündlich-rheumatische Erkrankung.
  • Befunde
    • Zellzahl (keine scharfe Grenze): < 2‘000 Zellen/μl sprechen eher für nicht-entzündliche Genese, z. B. Arthrose, Trauma, Überlastung.
      Beachte: Bei 1‘000–2‘000 Zellen/μl ist auch eine entzündliche Genese möglich; > 2‘000 Zellen/μl sprechen für eine entzündliche Genese; > 50‘000 Zellen/μl ist hochverdächtig auf eine septische Arthritis, kann jedoch auch bei Kristallarthritis vorkommen
    • Kristalle (Harnsäure- und Calciumpyrophosphat-Kristalle, selten Hydroxyapatit-Kristalle) –> Gicht, CPPD-Kristallarthritis, Hydroxyapatit-Kristallarthritis
    • Mikrobiologie: Kultur, ggfls. PCR.

2.5. BILDGEBENDE UNTERSUCHUNGEN – WANN INDIZIERT?

Röntgen

  • Bei Befall der Hände und V. a. Polyarthritis: Hände beidseits dv und Füsse beidseits dp –> Frage nach Erosionen, Verteilungsmuster allfälliger Erosionen, degenerative Veränderungen, Verkalkungen, Schwellung der Weichteile
  • Ansonsten das befallene Gelenk: Knie ap/lateral, OSG ap/lateral
  • Bei Befall der unteren Extremitäten ist ein Thorax-Röntgen unentbehrlich –> bihiläre Lymphadenopathie.

MRI

  • Entzündlicher tieflumbaler Schmerz: MRI der LWS und ISG: Frage nach entzündlichen Veränderungen im Sinne einer Spondyloarthritis
  • MRI der Hände und Füsse bei Polyarthritis –> nur bei speziellen Fragestellungen.

Gelenk-Sonographie

  • Zum Nachweis einer Synovitis, Erguss im Kniegelenk kann im Recessus suprapatellaris leicht gesehen werden (zum Ergussnachweis nicht zwingend, wenn bei klinischer Untersuchung Erguss klar palpabel).

Überweisung zum Rheumatologen bei folgenden Fragestellungen

  • Schultergelenk: Erguss, Verkalkungen, Rotatorenmanschettenruptur, Bursitis
  • In Hand- und Fingergelenken Nachweis einer Synovitis –> Rheumatologe mit entsprechender Erfahrung und Fähigkeitsausweis
  • Hüft-, Sprunggelenke: Erguss.

2.6. WANN ÜBERWEISUNG ZUM SPEZIALISTEN?

  • Bei jedem neu aufgetretenen und ätiologisch unklaren Gelenkerguss, schon beim geringsten Verdachtsmoment auf infektiöse Arthritis –> Gelenkspunktion und Synovialanalyse
  • Nachweis von mehr als 1 geschwollenem Gelenk
  • Morgensteifigkeit der Gelenke > 60 Minuten
  • Neu aufgetretenes Raynaud-Syndrom (ANA bestimmen + Kapillarmikroskopie –> z. B. Rheumatologie USZ)
  • Entzündlicher Rückenschmerz
  • Anti-CCP, RF und/oder ANA-positiv
  • Synovitis mit erhöhten Entzündungsparametern
  • Unklare Arthralgien, die nicht sicher einer mechanischen Genese zuzordnen sind (aktivierte Arthrose).

3. THERAPIE

3.1. RHEUMATOIDE ARTHRITIS (7, 8)

  • Grundlagen
    • Etwa 20 % der RA-Patienten entwickeln ohne adäquate Behandlung bereits in den ersten Monaten vermeidbare, nach ihrem Eintreten oft nicht mehr reversible Gelenksschäden
    • Nach Diagnosestellung durch Rheumatologen schnellstmöglicher Beginn mit der Basistherapie – möglichst innert 3 Monaten nach Auftreten der Symptome („Window Of Opportunity“).
  • Medikamentöse Therapie
    Ziel
    • Remission, d. h. die Abwesenheit jeglicher Symptome und Krankheitszeichen.

–> Hausarzt

Symptomatische Akuttherapie

  • Bei noch unklarer Diagnose zunächst NSAR (minimale wirksame Dosis, z. B. Diclofenac 2 x 75 mg täglich) oder überbrückend bis zur (zeitnahen) Konsultation beim Rheumatologen Kortikosteroide (schnellster Wirkungseintritt) –> z. B. Prednison 20 mg täglich. Bei Diagnose einer RA werden Kortikosteroide zusätzlich zur Basistherapie verabreicht, mit sukzessiver Reduktion gemäss Klinik.

–> Rheumatologe

Basistherapie

  • Therapie über längere Zeit zur Progressionshemmung der entzündlichen Grunderkrankung mit Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs (DMARDs) (s. Tabelle 6)

Tabelle 6: DMARDs zur Basistherapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen (9)

Vorgehen

  • Therapiebeginn sofort nach Diagnosestellung, zunächst mit konventionellem DMARD, i. d. R. Methotrexat (MTX) 7,5–25 mg/Woche, bevorzugt subkutan appliziert
  • Glukokortikoide ergänzend (Startdosis in der Regel 20 mg/Tag Prednisolonäquivalent, Reduktion innert 8 Wochen auf 5 mg Prednisolonäquivalent oder weniger). Die Glukokortikoidgabe sollte i. d. R. nicht länger als 3 Monate dauern
  • Bei Kontraindikationen/Unverträglichkeit von MTX –> Leflunomid oder Sulfasalazin. In gewissen Fällen direkt Beginn/Wechsel auf ein Biologikum (Niereninsuffizienz, Hepatopathie).

    • Voruntersuchungen* (i. d. R. beim Rheumatologen) 
      Vor jeder Basistherapie müssen folgende Untersuchungen durchgeführt werden

      • Blutbild, CRP, BSR, Transaminasen, Cholestaseparameter, Albumin, Kreatini

      • HIV-, Hepatitis B- und C-Serologie

      • Bei bDMARD und tsDMARD zusätzlich Quantiferon-Test
      • Röntgen Thorax
      • Röntgen Hände und Füsse.
        * gemäss Richtlinien Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie
    • Massnahmen vor Beginn einer Basistherapie
      • Impfstatus komplett, zusätzlich Impfung gegen Pneumokokken (Prevenar®) und Influenza im Herbst

      • Während Basistherapie keine Lebendimpfungen, ansonsten 1 Monat vor Beginn noch erlaubt.

Verlaufskontrollen und Konsequenzen

  • Klinische Kontrollen alle 1 bis 3 Monate bis zum Erreichen des Therapieziels (Treat to Target: Remission oder low disease Activity). Sonographie fakultativ zur Bestimmung der Krankheitsaktivität
  • Wenn 3 Monate nach Therapiebeginn keine Verbesserung oder nach 6 Monaten das Ziel nicht erreicht wird, soll die Therapie angepasst werden
  • CAVE: Unter Biologika kann CRP tief sein bei Infekt.

–> Hausarzt

  • Kontrolle der Medikamentenverträglichkeit (Labor, Klinik)
  • Monitoring der MTX-Therapie: Blutbild, Leberwerte, Kreatinin, CRP und BSR. Nebenwirkungen: Allergische Reaktion (Hautausschlag), Aphten enoral, Husten, Dyspnoe (MTX-Pneumonitis), Fieber, Infekt

–> Rheumatologe

  • Ansprechen auf die Therapie nach spätestens 3 Monaten feststellen und ev. Therapieanpassung/Therapieeskalation (Kombination mehrerer csDMARDs oder csDMARD plus bDMARD oder tsDMARD oder Wechsel auf bDMARD).

Physikalische Massnahmen

  • Ergotherapie bei Einschränkung der Handfunktion, Physiotherapie.

Weitere Massnahmen

  • Rauchabstinenz, Zahnhygiene, Gewichtskontrollle
  • Patientenschulung hinsichtlich Immunsuppression: Bei Fieber, AZ-Verschlechterung, B-Symptomen zum Arzt, Impfstatus prüfen, vorausgehende Zahnsanierung.

3.2. CPPD-KRISTALLARTHROPATHIE (PSEUDOGICHT) (10)

Medikamentöse Therapie

Es gibt keine hochwertigen randomisierten Studien, empirische Therapie

  • Bei Monarthritis bevorzugt intraartikuläre Steroid-Infiltration mit Lidocain vermischt
    • Grosse Gelenke (Knie, Schulter): Triamcinolon 40 mg
    • Mittelgrosse (OSG, Handgelenk): 20 mg
    • Kleine Gelenke (Finger, Zehen): 10 mg.
  • Bei oligo-/polyartkulärer CPPD-Arthritis, NSAR (z. B. Diclofenac 75 mg 2 x tgl.), alternativ perorale Steroide, z. B. Prednison 30–50 mg tgl. für 7–10 d.

Sonstige Massnahmen/Empfehlungen

  • Magnesium zur Schubprophylaxe (Magnesiocard® 10 mmol/l 1x tgl.)
  • Colchicin 0,5 mg 1–2 x tgl. zur Schubprophylaxe.

3.3. INFEKTIÖSE/SEPTISCHE ARTHRITIS (11)

Therapie

  • Die Therapie soll unverzüglich erfolgen –> Überweisung in Klinik/Notfallstation
    • Entfernung des Infektionsherdes durch arthroskopische Gelenkspülung
    • Antibiotika: Amoxicillin/Clavulansäure (3–4 x 2,2 g/d i.v.) oder Cefazolin (3 x 2 g/d i.v. (bei normaler Nierenfunktion) bis zum Eintreffen der Erregeranalyse, dann gezielte AB-Behandlung
    • Ursachenforschung: Immunsuppression, Eintrittspforte (Wunde), i.v. Drogenabusus, Diabetes mellitus, Endokarditis.

3.4. SPONDYLARTHRITIDEN (12)

Allgemeines

  • Die Spondylarthritiden sind entzündlich-rheumatische Erkrankungen mit einigen klinisch-genetischen Gemeinsamkeiten und Überschneidungen. Hierzu gehören insbesondere Befall des Achsenskeletts, Enthesitiden (einzelne Sehnen, oft Ansatz Achillessehne), Nachweis von HLA-B27, Uveitis, Daktylitis, CED und Psoriasis. Zu den Spondylarthritiden (SpA) gehören die axiale Spondyloarthritis (Spondylitis ankylosans), die reaktive Arthritis, die enteropathische SpA (SpA bei Patienten mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung), die Psoriasisarthritis, die undifferenzierte Spondyloarthritis und das SAPHO-Syndrom.

3.4.1. AXIALE SPONDYLOARTHRITIS (M. BECHTEREW) (12)

Therapie (symptomatisch)

  • NSAR (z. B. Naproxen 500 mg 2–3 x tgl. oder Diclofenac 75 mg 2 x tgl.)
  • Bei unzureichendem Ansprechen auf 2 verschiedene NSAR während insgesamt 4 Wochen, Beginn mit einer Basistherapie mit TNF-Alpha-Hemmern oder IL-17-Hemmern.

Weitere Massnahmen

  • Nikotinstopp, Physiotherapie.

3.4.2. REAKTIVE ARTHRITIS (13)

Therapie (symptomatisch)

  • NSAR (z. B. Naproxen 500 mg 2–3 x tgl. oder Diclofenac 75 mg 2 x tgl.). Oft mindestens 2 Wochen bis Schmerz/Entzündung nachlässt. NSAR verkürzen Krankheitsverlauf nicht
  • Alternative: Bei ausbleibendem Erfolg intraartikuläre Steroidinjektion bei Mono- oder Oligoarthritis (Steroide haben nicht mehr NW als üblich trotz ursächlicher Erreger)
  • Prednison peroral, zu Beginn bis 50 mg/d, sukzessive Reduktion und Ausschleichen
  • Bei chronisch reaktiver Arthritis (und ohne Ansprechen auf NSAR und Steroide) –> konventionelle DMARD-Therapie (Sulfasalazin) oder Methotrexat (MTX), bei ausbleibendem Erfolg TNF-Alpha-Blocker.

Antibiotika

  • Behandlung mit Antibiotika nur bei zugrundeliegender aktiver urogenitaler Infektion
  • Bei enteritischen Infektionen i. d. R. keine Antibiotika, bei chronisch reaktiver Arthritis durch Enterobakterien grundsätzlich keine Antibiotika!

 Prognose

  • Dauer 3 bis 5 Monate, meist Vollremission
  • Selten persistierende chronische Arthritis.

3.4.3. PSORIASISARTHRITIS (14, 15)

Therapieziele

  • Verbesserung der Symptomatik an Gelenken und Haut sowie der Lebensqualität (Kooperation Rheumatologe, Dermatologe, Hausarzt)
  • Frühzeitige Diagnose und Therapie, um irreversible Gelenkerosionen zu verhindern und Funktionalität aufrecht zu erhalten (Treat-to-target-Therapie ähnlich wie bei RA).

Medikamentöse Therapie (Prinzipien)

Symptomatische Behandlung

  • NSAR (Beispiele)
    • Diclofenac 75 mg 2 x täglich
    • Ibuprofen 1‘200–2‘400 mg/d
  • Intraartikuläre Steroide bei peripherer Arthritis
  • Orale Steroide eher vermeiden (mögliche Exazerbation der Psoriasis nach Absetzen).

–> Rheumatologe/Dermatologe

 Basistherapie

  • Bei mehreren schmerzhaften und geschwollenen peripheren Gelenken frühzeitig konventionelle DMARDs, bei Hautbeteiligung bevorzugt MTX
  • Bei Nichtansprechen (zusätzlich) biologische DMARD, i. d. R. TNF-alpha-Antagonist
  • Bei axialer Manifestation (und unzureichender Wirksamkeit von NSAR) –> TNF-alpha-Antagonist als Erstlinientherapie.

Kontrolluntersuchungen

  • Engmaschig beim Rheumatologen und (je nach Hautbefall) Dermatologen, je nach Krankheitsaktivität Therapieeskalation.

4. LITERATURVERZEICHNIS

  1. Kyburz D: Gelenkschmerzen in der Praxis. Anleitung zur sinnvollen Abklärung. Swiss Medical Forum 2015;15(26):618–622.
  2. Möller B, Studhalter-Pallini A: Polyarthritis. Schweiz Med Forum 2016;16(46):984-991.
  3. Sendi P et al.: Die virale Arthritis beim Erwachsenen. Begleitbefund oder virale Arthritis per se? Swiss Medical Forum 2018;18(34):673–80.
  4. Sendi P, Kühl R, Aeberli D, Zumstein MA: Die septische Arthritis bei Erwachsenen. Schweiz Med Forum 2017;17(17):368-77.
  5. Venables PKW: Diagnosis and differential diagnosis of rheumatoid arthritis. UpToDate 10/2019.
  6. Rosenthal AK: Clinical manifestations and diagnosis of calcium pyrophosphate crystal deposition (CPPD) disease. UpToDate 10/2019.
  7. 2016 update of the EULAR recommendations for the management of early arthritis.
  8. EULAR recomendations for the management of rheumatoid arthritis with synthetic and biological disease-modifying antirheumatic drugs: 2016 Update.
  9. S2e-Leitlinie: Therapie der rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten, 04/2018.
  10. Becker AM, Rosenthal AK: Treatment of calcium pyrophosphate crystal deposition (CPPD) disease. UpToDate 10/2019.
  11. AWMF S1 Leitlinie: Bakterielle Gelenkinfektionen, AWMF 06/2014.
  12. 2016 update of the ASAS-EULAR management recommendations for axial spondyloarthritis.
  13. Yu DT, v. Tubergen A: Reactive arthritis. UpToDate 10/2019.
  14. Gossec L et al.: European League Against Rheumatism (EULAR) recommendations for the management of psoriatic arthritis with pharmacological therapies: 2015 update. Ann Rheum Dis 2016;75:499–510. EULAR 2015.
  15. Augustin M, Radtke MA: Arzneimitteltherapie der Psoriasis-Arthritis. Arzneimitteltherapie 2017;35:244-257.

5. IMPRESSUM

Diese Guideline wurde im November 2019 aktualisiert.  
© Verein mediX

Herausgeber
Dr. med. Felix Huber

Redaktion (verantwortlich)
Dr. med. Uwe Beise

Autoren
Dr. med. Mariusz Wasila
FA Rheumatologie FMH
Dr. med. Uwe Beise

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