Guideline

Asthma bronchiale

Erstellt von: Claudia Steurer-Stey Zuletzt revidiert: 06/2021 Letzte Änderung: 11/2021

Aktualisierung 11/2021

  • Für die Behandlungsstufe 1 wird der alleinige Einsatz kurzwirksamer Beta-2-Agonisten (SABA) ohne inhaliertem Kortikosteroid (ICS) nicht mehr empfohlen, stattdessen niedrig dosiertes ICS-Formoterol bei Bedarf (–> Kap. 4.2.)
  • Bei schwerem, unkontrolliertem Asthma der Behandlungsstufe 5 können Biologika eingesetzt werden
    (–> Kap. 4.2.)
  • Warnhinweis Montelukast wegen möglicher neuropsychiatrischer Nebenwirkungen (–> Kap. 4.2.)
  • Alle Empfehlungen sind auch während der Coronavirus-Epidemie gültig.

 

Vorbemerkung

Diese Behandlungsleitlinie zu Asthma fokussiert auf die Grundversorgung vor allem jugendlicher und erwachsener Patienten mit Asthma. Für eine vertiefte, detaillierte Perspektive kann die GINA (Global Initiative for Asthma) Guideline 2021 hinzugezogen werden (1).



1. Definition und Einteilung (1–2)

Definiton

  • Asthma ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege, charakterisiert durch respiratorische Symptome (pfeifendes Atemgeräusch, Atemnot, Engegefühl in der Brust, anhaltender Husten) und eine variable Atemwegsobstruktion, die spontan oder nach Behandlung reversibel ist. Die Symptome variieren im Zeitverlauf und hinsichtlich Intensität und Häufigkeit. Bronchiale Hyperreagibilität ist oft mit Asthma assoziiert, ist aber nicht zwingend für die Diagnose.

Die wichtigsten Asthma-Phänotypen (3) 

  • „Early-onset“ Asthma: Ist primär allergisch. Nicht nur Allergenkontakt, auch virale Atemwegsinfekte können akute Symptome auslösen. Asthmabeschwerden können – in zunehmendem Alter – auch ohne Allergenkontakt auftreten. Bluteosinophilie ist eher schwach ausgeprägt. Symptome werden durch bronchiale Hyperreaktivität ausgelöst: Nächtlicher Husten, morgendliche Beklemmung beim Atmen, Anstrengungsasthma und perakuter Asthmaanfall
  • „Adult-onset“ eosinophilic Asthma („inflammatory predominant type“): In symptomatischen Phasen Bluteosinophilie, oft besteht zudem eine chronische hyperplastische eosinophile Sinusitis. Sind gleichzeitig Nasenpolypen vorhanden, kann in symptomatischen Phasen eine (steroidsensitive) Anosmie auftreten. Bronchiale Hyperreaktivität fehlt häufig. Intoleranz gegen ASS/NSAR möglich!
  • Asthma with obesity: Mehr respiratorische Symptome, weniger eosinophile Inflammation
  • Asthma-COPD overlap (ACO): Die Betroffenen weisen eine persistierende Obstruktion und ≥ 3 Charakteristika beider Atemwegserkrankungen auf und neigen zu mehr Exazerbationen. In den aktuellen GOLD-Empfehlungen wird statt ACO der Begriff Asthma-COPD-Koexistenz verwendet (s. mediX Guideline COPD).

 

2. Diagnostik (1–3)

Die Diagnose beruht auf der Anamnese einschliesslich Familienanamnese, charakteristischen Symptomen und spirometrischem Nachweis der bronchialen Obstruktion. Kein einzelner Test ist in der Lage, Asthma mit hinreichender Sensitivität und Spezifität zu sichern.

  • Typische Symptome sind pfeifendes Atemgeräusch, Atemnot, Engegefühl in der Brust, anhaltender Husten
    • Menschen mit Asthma weisen meist mehr als eines dieser Symptome auf
    • Die Symptome variieren in ihrer Intensität
    • Die Symptome treten häufiger und/oder schwerwiegender nachts oder beim Erwachen auf
    • Die Symptome werden oft durch körperliche Belastung, Allergene oder kalte Luft ausgelöst
    • Die Symptome treten häufig bei viralen Infektionen auf oder verschlechtern sich dann.
  • Die körperliche Untersuchung ist bei Menschen mit Asthma oftmals unauffällig, der häufigste Befund ist das pfeifende Atemgeräusch („Wheezing“) bei der Auskultation, insbesondere bei forcierter Exspiration
  • Spirometrie mit Nachweis der Obstruktion (FEV1/FVC < 70 % des Sollwertes, < 90 % bei Kindern) und Reversibilität, definiert als postdilatatorische Zunahme des FEV1 um > 12 % und 200 ml bei Erwachsenen (bei Kindern um > 12 %).
    Es sollte dokumentiert werden, dass die Lungenfunktion stärker variiert als bei gesunden Menschen. Beispiele (nach [1])
    • Nach der Inhalation eines Bronchodilatators steigt die FEV1 um mehr als 12 % und 200 ml (bei Kindern > 12 %)
    • Am Tag ist die durchschnittliche tägliche Peak-Flow-Variabilität* > 10 % (bei Kindern > 13 %)

      * Berechnet aus den zweimal täglichen Messwerten (jeweils der beste von drei Werten): Höchster Peak-Flow-Wert des Tages minus niedrigster Peak-Flow-Wert des Tages dividiert durch den Mittelwert des höchsten und des niedrigsten Peak-Flow-Wert des Tages; anschliessend den Durchschnittswert für einen Zeitraum von 1–2 Wochen ermitteln.

    • Nach vierwöchiger antiinflammatorischer Behandlung steigt die FEV1 im Vergleich zum Ausgangswert um > 12 % und 200 ml (bei Kindern um > 12 % des Sollwertes).
  • Was tun, wenn die initiale Spirometrie trotz Asthmaverdacht normal ist?
    • Patienten mit Asthma sind bei Evaluation oft asymptomatisch und haben dann oft eine normale Lungenfunktion. Für diesen Fall werden folgende Strategien vorgeschlagen (2)
      • Erneute Spirometrie bei einer Visite, wenn Patient symptomatisch
      • Serielle Messung des PEF durch den Patienten (morgens, abends, bei Symptomen und nach Bronchodilatation), Peak Flow Messgerät per Rezept verschreiben
      • Metacholintest (s. u.)
      • Bei V. a. auf reines Anstrengungsasthma serielle Messung des PEF durch den Patienten nach Belastung (Früh- und Spätreaktion 2–4 h nach Belastung möglich), Abfall des PEF um 60 l/min sichert Diagnose oder Spiroergometrie.
  • Hyperreagibilitätstest mit Metacholinprovokation
    Indikation: Bei unklarer Diagnose (z. B. typische Asthmasymptome, jedoch normale Lungenfunktionstests und fehlende Reaktion auf Bronchodilatation)
    Aussagekraft: Der Metacholintest hat einen hohen negativen Vorhersagewert (NPV: 97 %), d. h. ein negatives Testergebnis (kein Abfall des FEV1 um 20 % mit hoher Methacholinreizdosis) schliesst mit hoher Wahrscheinlichkeit das Vorliegen von Asthma aus. Bei Gesunden fällt der Test in 30–40 % falsch positiv aus
  • Allergietests: Zum Nachweis einer klinisch relevanten Sensibilisierung vom IgE-Typ.
    Indikation: Wenn Asthmasymptome nach Exposition gegenüber Aeroallergenen auftreten und keine Asthmakontrolle mit Stufe-2/3-Therapie erzielt wird.
    Tests: Prick-Test mit Inhalationsallergenen Differentialblutbild mit Bestimmung der Eosinophilenzahl, Gesamt-IgE (Serum), zur Unterscheidung allergisches bzw. eosinophiles und nicht eosinophiles Asthma mit prognostischer und therapeutischer Konsequenz (Exazerbationsneigung, Ansprechen auf ICS) sowie Indikation Anti-IgE, anti-IL-5-Therapie, falls keine ausreichende Asthmakontrolle trotz Stufe-4-Therapie erreicht werden kann.

    Hinweis: Für ein „adult-onset“-Asthma mit ganzjährigen Symptomen ohne saisonales Maximum hat eine Sensibilisierung auf Gräserpollen keine klinische Relevanz (3).

 

3. Assessment (1, 2)

Jede Visite soll genutzt werden, um den Patienten einer objektiven Beurteilung der Asthmakontrolle zu unterziehen.

Die Asthmakontrolle beinhaltet Kontrolle der Symptome sowie der Risikofaktoren für einen ungünstigen weiteren Verlauf. Das Risiko für Asthmaanfälle ist bei schlechter Symptomkontrolle erhöht, aber auch
– unabhängig davon – vom Vorhandensein von einem oder mehreren (weiteren) Risikofaktoren.

Beachte: Sowohl Patient als auch Arzt überschätzen oft die tatsächlich erreichte Asthmakontrolle (4, 5).
Die regelmässige Evaluation umfasst neben der Asthmakontrolle auch mögliche Behandlungsprobleme und Begleiterkrankungen (1, 2, 6)

1.  Asthmakontrolle

  • Symptomkontrolle der vergangenen 4 Wochen beurteilen (s. u. –> hilfreiche tools)
  • Weitere Risikofaktoren für einen ungünstigen Verlauf identifizieren (s. Tab. 1)
  • Messung der Lungenfunktion vor Beginn der Dauerbehandlung, 3–6 Monate später und anschliessend in regelmässigen Abständen, z. B. jährlich, um langsam sich einstellende Remodelling Prozesse mit Abnahme des FEV1 und fixierter Obstruktion nicht zu verpassen. Bei Risikopatienten und bei Kindern je nach Schwere und Verlauf auch häufiger.

2. Gibt es Behandlungsprobleme?

  • Die Behandlung des Patienten dokumentieren und nach Nebenwirkungen fragen
  • Überprüfen, ob der Patient die Technik der Inhalation beherrscht
  • Kontrollieren, ob der Patient einen schriftlichen Asthma-Aktionsplan hat
  • Den Patienten nach seiner Einstellung und seinen Zielen in Bezug auf Asthma befragen.

3. Liegen Begleiterkrankungen vor?

  • Rhinitis, Rhinosinusitis, gastroösophagealer Reflux, Adipositas, obstruktive Schlafapnoe, Depression, Angst. Diese Begleiterkrankungen können mitursächlich für respiratorische Symptome, eine ungenügende Asthmakontrolle und eine schlechte Lebensqualität sein.

Von einer guten Asthmakontrolle ist auszugehen, wenn nicht mehr als zweimal in der Woche Symptome wahrgenommen werden (und entsprechend ein kurz wirkender Beta-2-Agonist eingenommen werden muss) und normale körperliche Aktivität, auch Alltagssport, nicht zu Husten und Atemnot führt.

  • Hilfreiche tools zur Asthmakontrolle bei Kindern (4–11 J.) und Erwachsenen (12–60+ J.)

Tabelle 1: Risikofaktoren für Exazerbationen (nach [1])

  • Asthmasymptome nicht unter Kontrolle (wie oben)
  • ICS nicht verordnet, schlechte ICS-Adhärenz, falsche Inhalationstechnik
  • Häufige Anwendung von SABA (mit erhöhter Mortalität, wenn > 1 Dosis-Behälter mit 200 Hüben [also 3–4 Hübe /Tag] pro Monat)
  • Niedriges FEV1, v. a. wenn < 60 % des Sollwertes
  • Gravierende psychische oder sozioökonomische Probleme
  • Rauchen; Allergenexposition (bei Sensibilisierung)
  • Begleiterkrankungen: Adipositas, Rhinosinusitis, Lebensmittelallergie
  • Sputum- oder Bluteosinophilie
  • Schwangerschaft

Ausserdem

  • Vorherige intensivmedizinische Behandlung wegen Asthma
  • Eine oder mehrere schwere Exazerbationen in den letzten 12 Monaten.

 

4. Asthma-Management (1, 3, 22)

4.1. Grundprinzipien

Therapieziele

  • Die langfristigen Ziele des Asthma-Managements sind eine gute Symptomkontrolle und die Minimierung des Exazerbationsrisikos und der medikamentösen Nebenwirkungen.

Kontrollbasiertes Asthma-Management

  • Die Asthmabehandlung basiert auf einem kontinuierlichen Behandlungskreislauf, in dem die Therapie regelmässig beurteilt, ggfls. angepasst und das Ansprechen anschliessend überprüft wird.

Abbildung 1: Behandlungskreislauf des Asthma-Managements

GL Asthma Management 1

Elemente der Asthma-Behandlung

Die Behandlung von Asthma mit dem Ziel einer Symptomkontrolle und Risikoreduktion umfasst

  • Spezifische Pharmakotherapie: Bedarfs- und (meist) antiinflammatorische Basistherapie (s. Kap. 4.2.)
  • Behandlung von modifizierbaren Risikofaktoren und Komorbiditäten (z. B. Rauchen, Adipositas, Allergien, Ängste)
  • Nicht-pharmakologische Massnahmen (Rauchstopp, Bewegung, Allergenvermeidung, Gewichtsreduktion, evtl. jährliche Influenza-Impfung)
  • Schulung des Patienten inkl. Asthma-Selbstmanagement mit geschriebenem Aktionsplan (s. Kap. 5).

 

4.2. Pharmakotherapie (Stufentherapie)

Asthma ist eine variable Erkrankung! Ein „Step-up“ der Therapie bei nicht kontrolliertem Asthma ist wie ein „Step-down“ bei objektiv erhobener und vorhandener guter Asthmakontrolle wichtig, um eine Unter- bzw. Überbehandlung zu verhindern (Evidenzgrad A).

ICS – wann beginnen?

  • Bereits auf Behandlungsstufe 1. Der alleinige Einsatz kurzwirksamer Beta-2-Agonisten (SABA) ohne inhaliertem Kortikosteroid (ICS) wird aufgrund der mangelnden Wirksamkeit und Sicherheit nicht mehr empfohlen, stattdessen niedrig dosiertes ICS-Formoterol bei Bedarf. Eine tägliche Dauertherapie sollte so früh wie möglich nach Asthma-Diagnose und ungenügender Kontrolle unter Stufe 1 und Stufe 2 eingeleitet werden (–> s. Abbildungen 2 und 3).
  • Eine frühzeitige Behandlung mit niedrig dosiertem ICS reduziert Symptome, Exazerbationen und Hospitalisationen und hat eine langfristig bessere Lungenfunktion zu Folge als eine verzögerte Behandlung
  • Patienten, die kein ICS inhalieren, haben ein erhöhtes Risiko für Exazerbationen und für eine langfristig schlechtere Lungenfunktion als diejenigen mit einer ICS Behandlung.

Niedrig dosierte ICS-Dauertherapie wird bei folgenden Patienten empfohlen

  • Patienten, die aufgrund von Asthmasymptomen mehr als 1 x/Monat aus ihrem Schlaf erwachen
  • Patienten mit Asthmasymptomen und mindestens einem Risikofaktor für Exazerbationen (z. B. notwendige Behandlung mit oralen Kortikosteroiden (OCS) aufgrund von Asthma in den letzten 12 Monaten, niedrige FEV1, vorherige Behandlung auf derIntensivstation wegen Asthma).

Abbildung 2: Medikamentöse Stufentherapie (aus: GINA, 2021) für Patienten ab 12 Jahre  



Abbildung 3: Medikamentöse Stufentherapie (aus: GINA, 2021) für Patienten im Alter von 6–11 Jahren

 


Erläuterungen zur Stufentherapie

Stufe 1(neu)
Bedarfstherapie mit tief dosiertem ICS/Formoterol (1)

  • SABA induzieren über die cAMP-Achse die Aktivierung von pro-entzündlichen Genen, die durch inhalative Kortikosteroide (ICS) gehemmt werden. SABA sollen deshalb nur noch in Kombination mit einem ICS verwendet werden
  • Lang wirkende Betamimetika (Serevent®, Oxis®, Foradil®) dürfen, auch wenn sie einen raschen Wirkungseintritt haben, nicht als Monotherapie eingesetzt werden, sondern nur zusammen mit inhalativen Glukokortikoiden (in Stufe 2–5).
    Medikamente: ICS/LABA: Flutiform®, Foster®, Symbicort®, Vannair®.

Stufe 2 (neu)
Tägliche Gabe Kombination von tief dosiertem ICS/Formoterol bei Bedarf oder alternativ:
Tägliche Gabe von tief dosiertem ICS kombiniert mit einem SABA bei Bedarf (1)

  • Beide Therapien haben in Studien keinen Unterschied bezüglich der Häufigkeit von schweren oder mittelschweren Exazerbationen gezeigt, und der anfallsfreie Zeitraum war für beide Behandlungsformen ähnlich (28). Die Bedarfsbehandlung mit ICS-Formoterol reduziert den SABA-Verbrauch und verbessert die Therapieadhärenz, unter der Voraussetzung, dass ein einziger Inhalator verwendet wird. Der Verbrauch von ICS ist so deutlich reduziert, jedoch kann die Symptomatik bei einer Bedarfstherapie etwas ausgeprägter sein.
    Die Therapiewahl muss daher gemäss dem mit dem Patienten vereinbarten Ziel und möglichen Adhärenzproblemen getroffen werden
  • Das SMART-Konzept (single inhaler maintenance and reliever therapy) besteht aus der Kombination eines ICS mit einem LABA mit schnellem Wirkungseintritt (Formoterol), und kann gleichzeitig sowohl als Erhaltungs- als auch Bedarfstherapie zur Symptomlinderung eingesetzt werden.
  • Das MART- oder SMART-Konzept (single inhaler maintenance and reliever therapy) besteht aus der Kombination eines ICS mit Formoterol, einem LABA mit schnellem Wirkungseintritt, und kann gleichzeitig sowohl als Erhaltungs- als auch Bedarfstherapie zur Symptomlinderung eingesetzt werden. 
  • Medikamente: MART und SMART: Foster®, Symbicort®. 

    Nutzen: Reduziert zusätzliche Exazerbationen und gewährleistet eine regelmässige ICS-Aufnahme, gerade wenn eine tägliche Therapie von Patienten schlecht eingehalten wird. Bei täglicher Anwendung wird auch der zusätzliche SABA-Gebrauch überflüssig
  • Asthmapatienten, die gut mit inhalativen Kombinationspräparaten ohne Formoterol eingestellt sind, können weiterhin ein SABA als Notfallmedikament verwenden.
    Medikamente
    • ICS/Formoterol: Flutiform®, Foster®, Symbicort®, Vannair®
    • ICS: Alvesco®, Arnuity®, Axotide®, Miflonide®, Pulmicort®, Qvar®
  • Vorgehen
    • Zu Behandlungsbeginn sollte die Applikation inhalativer Kortikosteroide im Allgemeinen 2 x pro Tag erfolgen, ausgenommen sind Ciclesonid (Alvesco® und Arnuity Ellipta® (≥ 12 J.), welche 1 x/d verabreicht werden. Die Dosiswirkungskurve verläuft für alle ICS flach, das heisst, der grösste Effekt wird in der stabilen Situation bereits mit niedrigen Dosen erreicht
    • Eine Dosierung von 400 µg/Tag Budesonid (Pulmicort®) bzw. 200 µg Fluticason (Axotide®) und Beclomethason (Qvar®) sollte bei der Langzeitbehandlung von Kindern wenn möglich nicht überschritten werden (Gefahr von vorübergehenden Wachstumsstörungen und NNR-Insuffizienz).
  • Alternative Option: Leukotrienrezeptorantagonist (LTRA)
    • In der Hausarztpraxis kann in Stufe 2 bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen bei Adhärenzproblemen oder Ablehnung von ICS der LTRA Montelukast verabreicht werden (8, 9)
    • Montelukast kann auch eingesetzt werden bei Schwierigkeiten, Kortikosteroide zu inhalieren, oder wenn Nebenwirkungen unter ICS auftreten. Auch wenn Eltern ICS wegen Bedenken gegen die Einnahme von Steroiden ablehnen, kann als Alternative zu low dose-ICS eine Monotherapie mit Montelukast in Betracht gezogen werden.
      Beachte: LTRA sind weniger wirksam als ICS!

Warnhinweis: Die FDA warnt wegen schwerwiegender neuropsychiatrischer Nebenwirkungen inklusive Suizidalität mit Montelukast bei Erwachsenen und Jugendlichen (Singulair®) sowie Alpträumen und Verhaltensproblemen bei Kindern. Vor der Verschreibung von Montelukast sollten die Vorteile und Risiken sorgfältig abgewogen und die Patienten über das Risiko neuropsychiatrischer Ereignisse aufgeklärt werden

  • Bei ausschliesslich saisonalem allergischen Asthma sollte bei Symptomen sofort eine Behandlung mit ICS plus LABA und nasale topische Steroide begonnen werden und kann meist ca. 4 Wochen nach Expositionsende wieder beendet werden.

Nicht zur Routinetherapie empfohlen

  • Nedocromil (schwach wirksam) und Theophyllin (wegen Nebenwirkungen).

Stufe 3
ICS in niedriger Dosis und Formoterol als Erhaltungstherapie plus bei Bedarf niedrig dosiertes ICS/Formoterol (SMART und MART)  

  • Bei Patienten mit ≥ 1 Exazerbation im vorangegangenen Jahr ist das MART- oder SMART-Konzept wirksamer als die Erhaltungstherapie mit ICS/LABA und SABA bei Bedarf (Evidenzgrad A), der Reliever-Einsatz ist wegen des schnellen Wirkungseintritts von Formoterol möglich. Nur Foster® und Symbicor haben Studien zum Single Inhaler-Einsatz und eine entsprechende Zulassung als Single Inhaler-Therapie zur Erhaltungs- und Reliever-Therapie aus einem Inhaler. 

Medikamente

    • ICS/LABA: Flutiform®, Foster®, Relvar®, Seretide®, Symbicort®, Vannair®
    • MART und SMART: Foster®, Symbicort®
    • SABA: Berotec N®, Bricanyl®, Ventolin®.
  • Alternative Option
    • ICS in mittlerer Dosis (jedoch weniger wirksam als niedrig dosiertes ICS/LABA; Evidenzgrad A).
  • Kinder (6–11 Jahre)
    • ICS in mittlerer Dosis. Andere Option: ICS in niedriger Dosis/LABA.

 Beachte

  • Inhalative lang wirkende Beta-2-Sympathomimetika (Serevent®, Oxis®, Foradil®) dürfen bei Asthma nicht ohne ICS angewandt werden! (10, 11)
  • Die langsam wirkenden LABA und ICS/LABA-Kombinationspräparate dürfen nicht als Notfallmedikamente eingesetzt werden.

Hinweise zu Fixkombinationen

  • Als möglicher Vorteil von Fixkombinationen (ICS/LABA) gilt (neben der Gewähr, dass der langwirkende Bronchodilatator immer zusammen mit einem ICS verabreicht wird) die verbesserte Therapieadhärenz insbesondere für ICS.

Stufe 4
ICS in mittlerer Dosis und Formoterol als Erhaltungstherapie plus bei Bedarf MART bzw. SMART

  • Eine erstmalige oder persistierende Exposition gegenüber Schadstoffen oder Allergenen und die Einnahme neuer Medikamente sind zu erfragen. Zudem ist an wichtige Zusatzfaktoren wie die Beteiligung der oberen Atemwege („united airways“) und mangelnde Adhärenz zu denken.
  • Die Diagnose sollte in Zusammenarbeit mit dem Spezialisten noch einmal überprüft werden.
    Medikamente
    • ICS/LABA: Atectura®, Flutiform®, Foster®, Relvar®, Seretide®, Symbicort®, Vannair®
  • Neu: Dreierkombination LABA (Indacaterolacetat), LAMA (Glycopyrroniumbromid) und ICS (Mometasonfuroat): Enerzair®. Die Therapie ist limitiert für die Erhaltungstherapie von Patienten mit schwerem Asthma, welche mit einer Erhaltungstherapie aus einem LABA und einem hochdosierten ICS nicht ausreichend eingestellt sind und eine oder mehrere Exazerbationen in den letzten 12 Monaten erlitten haben oder für Patienten mit schwerem Asthma, welche bereits mit einer Kombination von LABA/LAMA und ICS mit mehreren Inhalatoren therapiert werden (29, 30).
  • Alternative Optionen
    • ICS in mittlerer/hoher Dosis und LABA als Erhaltungstherapie plus bei Bedarf SABA.
  • Kinder (6–11 Jahre): Überweisung an einen Pneumologen zur Beurteilung und Beratung.

Stufe 5
Überweisung für eine Untersuchung durch einen qualifizierten Facharzt und Add-on-Therapie

  • Add-on LAMA, Phänotyp-Bestimmung, +/- anti IgE, anti-IL5/5R, anti-IL 4R, ICS in hoher Dosis und Formoterol
  • Alternative Optionen: Einige Patienten können von einer Add-on-Therapie mit niedrig dosiertem oralem Kortikosteroid (OCS) profitieren (Evidenzgrad D), wegen systemischer Nebenwirkungen sollten OCS jedoch möglichst vermieden werden (Evidenzgrad B)
  • Neu ist die Behandlung mit Biologika, z. B. Interleukin-Antikörper, mit deren Hilfe der Einsatz von OCS reduziert werden kann. Die Auswahl orientiert sich an der Bluteosinophilie und den IgE-Spiegeln (1)
    • Bei einer Blut-Eosinophilie (≥ 300 Zellen/μl) –> monoklonale Antikörper gegen Interleukin-5 (anti-IL5: Mepolizumab s.c., Reslizumab i.v.) oder gegen den Interleukin-5-Rezeptor (anti-IL5R: Benralizumab s.c.)
    • Bei eosinophilem Asthma mit einer Eosinophilie ≥ 150 Zellen/μl oder einer FeNO-Fraktion (fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid, FeNO) in der Atemluft ≥ 25 ppb –> Therapie mit einem monoklonalen Antikörper gegen den Interleukin-4-Rezeptor (anti-IL4R: Dupilumab s.c.)
    • Bei Patienten mit schwerem allergischen Asthma und hohen IgE-Spiegeln –> hochdosierte ICS und ein monoklonaler Anti-IgE Antikörper (anti-IgE: Omalizumab s.c.).

Wie oft sollten Patienten mit Asthma kontrolliert werden?

  • Die Erhaltungstherapie beginnt rasch zu wirken, es dauert aber 3–4 Monate, bis das Wirkmaximum erreicht ist (7)
  • Patienten sollten möglichst 1–3 Monate nach Anpassung der Behandlung untersucht werden und anschliessend ca. alle 3–12 Monate (abhängig u. a. vom früheren Ansprechen auf die Therapie und der Fähigkeit und Bereitschaft des Patienten, den Handlungsplan im Selbstmanagement umzusetzen [1])
  • Schwangere sollten alle 4–6 Wochen kontrolliert werden (1)
  • Nach einer Exazerbation sollte innert einer Woche eine Kontrolluntersuchung stattfinden.

Hinweise zur Step-up-Therapie

  • Wenn die Symptome und/oder Exazerbationen trotz zwei- bis dreimonatiger Dauertherapie andauern, sollten die nachfolgend genannten häufigen Probleme beurteilt werden, bevor eine Therapieeskalation erwogen wird
    • Falsche Inhalationstechnik
    • Schlechte Adhärenz
    • Modifizierbare Risikofaktoren, z. B. Rauchen
    • Symptome sind womöglich auf Begleiterkrankungen zurückzuführen, z. B. allergische Rhinitis.
  • Kontrolle: Ansprechen der Therapie nach 2–3 Monaten überprüfen. Wenn Therapie nicht ausreichend wirksam –> andere Option erwägen
  • Eine kurzzeitige Eskalation der Therapie (für 1–4 Wochen) kann z. B. im Rahmen viraler Infekte oder Allergenexposition notwendig sein, ggfls. Instruktion anhand des schriftlichen Asthma-Aktionsplans.

Hinweise zur Step-down-Therapie (s. a. Tabellen 2 und 3)

  • Wenn eine gute Asthmakontrolle erreicht und über 3 Monate aufrechterhalten wurde, kann eine Reduktion der Behandlung erwogen werden, um die niedrigste Behandlungsstufe zu finden, mit der sowohl Symptome als auch Exazerbationen kontrolliert und die Nebenwirkungen auf ein Minimum reduziert werden können
  • Für das Step-down einen geeigneten Zeitpunkt wählen: Keine Atemwegsinfektion, Patient ist nicht auf Reisen, keine Schwangerschaft
  • Den Ausgangszustand dokumentieren (Symptomkontrolle und Lungenfunktion), dem Patienten einen schriftlichen Asthma-Aktionsplan aushändigen, den Patienten für regelmässige Kontrollen motivieren
  • Eine Verringerung der ICS-Dosis um 25–50 % in Intervallen von 3 Monaten wird meistens toleriert
  • Es empfiehlt sich, ICS nicht vollständig absetzen, es sei denn vorübergehend, um die Asthmadiagnose zu bestätigen (1, 21). Bei im Verlauf guter Asthmakontrolle und geschulten Patienten mit guter Perzeption der Frühsymptome und adäquater Reaktion mit rechtzeitigem Wiederbeginn und regelmässigen Verlaufskontrollen kann eine intermittierende Behandlung „akzeptiert“ werden.

Tabelle 2: Optionen zur Step-down-Behandlung bei gut kontrolliertem Asthma (nach [1])


Tabelle 3
: Niedrige, mittlere und hohe Tagesdosen von inhalativen Kortikosteroiden (in µg) –> Präparate siehe Abbildungen 4 und 5 im Anhang


Wann ist eine Überweisung zum Spezialisten erforderlich?

Die Mitbehandlung durch einen Spezialisten sollte in folgenden Situationen erfolgen

  • Unsichere Diagnose, schwer zu kontrollierendes Asthma (ab Stufe 4), nicht tolerierbare medikamentöse NW, häufige Exazerbationen (–> Pneumologe)
  • Weitergehende Abklärung von allergischen Triggern oder schwer kontrollierbare nasale/okuläre Allergiesymptome (–> Allergologe).

Wann ist eine Überweisung zum Spezialisten erforderlich?

Die Mitbehandlung durch einen Spezialisten sollte in folgenden Situationen erfolgen

  • Unsichere Diagnose, schwer zu kontrollierendes Asthma (ab Stufe 4), nicht tolerierbare medikamentöse NW, häufige Exazerbationen (–> Pneumologe)
  • Weitergehende Abklärung von allergischen Triggern oder schwer kontrollierbare nasale/okuläre Allergiesymptome (–> Allergologe).

 

5. Patientenschulung und Unterstützung des Selbstmanagements

  • Die Patientenschulung ist essentieller und gesicherter Bestandteil einer Evidenz-basierten Therapie von Asthma auf allen Stufen (Evidenzgrad A). Schulung und regelmässige Kontrollen verbessern die Symptomkontrolle, reduzieren die Zahl der Exazerbationen, Notfallkonsultationen und Notfallsituationen und damit der Arbeitsunfähigkeits- bzw. Schulfehltage, erhöhen insgesamt die Lebensqualität und senken zudem die Kosten (Evidenzgrad A) (12–14)
  • Jeder Asthma-Patient sollte in den wesentlichen Fertigkeiten und einem geführten Asthma-Selbstmanagement geschult werden. Durch die Teilnahme an Asthma-Schulungsprogrammen kann die Asthmakontrolle deutlich verbessert werden, und eine korrekte Inhalationstechnik führt zu einer Verbesserung der Lungenfunktion und des Gesundheitsstatus!

1. Informationsinhalte und „geführtes Selbstmanagement“ mit Aktionsplan

  • Symptome rechtzeitig erkennen, richtig interpretieren und kontrollieren und bei einer Verschlechterung der Kontrolle durch rechtzeitige und adäquate Therapieanpassung und Kontakt mit dem Hausarzt entgegenwirken
  • Medikamente mit Wirkungen und Nebenwirkungen und die korrekte Anwendung kennen
  • Stärkung der Eigenkompetenz und Befähigung zum Selbstmanagement
    –> Selbstkontrolle der Symptome und/oder des Peak flow
    –> Erstellung eines schriftlichen individuellen Asthma-Aktionsplans (–> Asthma-Tagebuch mit Aktionsplan).

 Der schriftliche Asthma-Handlungsplan sollte Folgendes beinhalten

  • Die üblichen Asthmamedikamente des Patienten
  • Wann und wie die Medikationen zu erhöhen sind und eine Behandlung mit oralen Kordikosteroiden (OCS) zu beginnen ist
  • Wie und wann medizinische Betreuung erhältlich ist, falls die Symptome nicht besser werden
  • Der Handlungsplan kann sich an den Symptomen und/oder (bei Erwachsenen) dem Peak Flow orientieren. Patienten, bei denen es zu einer akuten Verschlechterung ohne Warnsymptome kommt, sollten wissen, dass sie unverzüglich eine Einrichtung mit Akutversorgung oder ihren Arzt aufsuchen müssen.

2. Beherrschung der Inhalationstechnik

  • Kontrolle der Inhalationstechnik und ggfls. Korrektur bei jeder Gelegenheit. Den Patienten bitten, seine Inhalationstechnik vorzuführen
  • Die Auswahl des für den Patienten am besten geeigneten Geräts berücksichtigt die Medikation, die körperlichen Probleme des Patienten (z. B. Arthritis), seine Fähigkeiten sowie die Kosten.
    Informationen über Inhalatoren und Inhalationstechniken finden sich auf der Website von GINA (GINA: Global Initiative for Asthma) und der Website von ADMIT.  

3. Fehlender Adhärenz begegnen

  • Etwa 50 % der Asthma-Patienten wenden die Medikamente der Dauertherapie nicht wie vorgeschrieben an, sei es unbeabsichtigt (z. B. Vergesslichkeit, Missverständnisse) oder absichtlich (z. B. weil die Notwendigkeit der Behandlung nicht eingesehen wird oder aus Furcht vor NW).

 Die Adhärenz kann verbessert werden durch (1)

  • Fragen nach Einstellungen und Überzeugungen des Patienten zu Asthma und Medikamenten
  • Partizipative Entscheidungsfindung für die Auswahl des Medikaments und der Dosis
  • Erinnerungshilfen für die Anwendung des Inhalators
  • Weniger komplexe Therapieregime (Inhalator 1 x tgl. versus 2 x tgl.).

 

6. Exazerbationen

  • Eine Exazerbation ist eine akute, häufig aber auch eine subakute Verschlechterung der Symptome und der Lungenfunktion im Vergleich zum normalen Zustand des Patienten; gelegentlich stellt sie die Erstmanifestation von Asthma dar
  • Das Management von sich verschlechterndem Asthma und Exazerbationen sollte als ein Kontinuum betrachtet werden, vom Selbstmanagement mithilfe eines schriftlichen Asthma-Aktionsplans durch den Patienten über das Management von schwerwiegenderen Symptomen in der Primärversorgung, in der Notaufnahme und im Spital.

6.1. Management durch den Patienten

  • Meist besteht ein Fenster von 5–7 Tagen zwischen dem Beginn der Symptomverschlechterung und der Notfallsituation (15). Diese Zeit gilt es zu nutzen: Der Patient kann rechtzeitig richtig reagieren, indem er bei Symptomzunahme oder Abfall des PEF unter 80 % die ICS-Dosis verdoppelt oder besser noch vervierfacht, anstatt nur die Frequenz (Dosis) seines Notfallmedikaments zu erhöhen (16)!
  • Bei Werten unter 50 % des persönlichen PEF-Bestwertes empfiehlt sich die Einnahme systemischer Steroide und der Arztkontakt
    • Erwachsene: Prednisolon 1 mg/kg/d bis zu 50 mg, gewöhnlich für 5–7 Tage
    • Kinder: 1–2 mg/kg/d bis zu 40 mg, gewöhnlich für 3–5 Tage
    • Ausschleichen ist nicht notwendig, wenn die Behandlung weniger als 2 Wochen dauert.

6.2. Exazerbation in der Praxis (15, 17)

  • Klinik: Vitalzeichen! Blutdruck, Puls und Atemfrequenz. Verlängertes Exspirium, spastische Atemgeräusche, „silent chest“, akzessorische Muskelarbeit
  • Am wichtigsten ist die Objektivierung des Schweregrades, die auch mit Peak Flow Messung erfolgen kann
    • Peak Flow < 200 l/min = schwere Obstruktion
    • Falls der persönliche PEF bekannt ist –> 60–80 % des persönlichen Bestwertes = mittelschwere Exazerbation, < 50 % = schwere Exazerbation
    • Pulsoxymetrie, wenn vorhanden: O2-Sättigung < 92 % ist Zeichen eines schweren Anfalles.
  • Thorax-Röntgen nur bei Verdacht auf Komplikationen, z. B. bei Fieber > 38 °C, Leukozytose, Hypoxie, zum Ausschluss von Pneumothorax, Pneumomediastinum, Pneumonie, Atelektase.

Therapie in der Praxis

 

7. Besondere Situationen (Anstrengungsasthma, Schwangerschaft)

Anstrengungsasthma

  • Bei den meisten Patienten ist ein anstrengungsinduziertes Asthma Ausdruck einer inadäquaten Asthmakontrolle. Der Therapieentscheid bei einer Anstrengungskomponente sollte stets berücksichtigen, ob lediglich eine Prophylaxe bei bevorstehender Anstrengung oder eine Langzeittherapie indiziert ist.

Therapie

  • Wenn anstrengungsinduzierte Symptome nur während oder nach der Anstrengung auftreten und keine weiteren RF für eine Exazerbation vorhanden sind, sollte unmittelbar vor der körperlichen Belastung ein rasch wirkendes Beta-2-Sympathomimetikum (SABA) inhaliert werden (Evidenzgrad A)
  • Wird ein SABA mehr als 1 x tgl. nötig, tritt längerfristig ein Toleranzeffekt auf. In diesen Fällen ist der LTRA Montelukast eine Alternative (Evidenzgrad A). Bei Kindern ist Montelukast evtl. als Monotherapeutikum in der Langzeittherapie (Stufe 2) zu erwägen, da Kinder sich oft ungeplant belasten, sodass eine vorherige Inhalation mit SABA nicht durchführbar ist. Nutzen und Risiko von LTRA gut abwägen!
  • Regelmässiges Training und Aufwärmen vor sportlicher Betätigung senken die Inzidenz von Anstrengungsasthma (Evidenzgrad A).

Schwangerschaft

  • Für Schwangere mit Asthma gilt die Regel: Ein Drittel hat weniger Symptome, ein Drittel mehr und bei einem Drittel hat die Schwangerschaft keinen Einfluss auf die Krankheit
  • Schwangere Asthmapatientinnen sollten auf alle Fälle regelmässig kontrolliert werden und im Selbstmanagement instruiert sein. Die meisten Exazerbationen treten zwischen der 24. und 36. SSW auf. Gerät das Asthma ausser Kontrolle, kann das verschiedene Komplikationen mütterlicherseits und für den Fötus nach sich ziehen.

Therapie

  • Medikamente, welche für die Asthmabehandlung empfohlen sind, können auch während der SS und in der Stillzeit angewendet werden – mit Ausnahme von LTRA, die in der SS nur ausnahmsweise verordnet werden sollen
  • Bei akuter Verschlechterung des Asthmas in der Schwangerschaft sind auch perorale Steroide einzusetzen, und für eine genügende O2-Sättigung (95 %) ist Sorge zu tragen.

 

8. Spezifische Immuntherapie (SIT) bei allergischem Asthma (23)

Grundsätzlich ist die Immuntherapie kein Ersatz für eine wirksame Pharmakotherapie, sie kann aber im Einzelfall sinnvoll sein.

Subkutane Immuntherapie (SCIT)

Wirksamkeit

  • Gemäss einer Cochrane-Review mit einer Metaanalyse von 75 Studien kann die subkutane Immuntherapie (SCIT) Asthmasymptome, den Arzneimittelverbrauch und das Ausmass der spezifischen und unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität im Vergleich zu Plazebo reduzieren (24). Die Lungenfunktionswerte bessern sich in der Regel nicht.

Indikation

  • SCIT sollte bei Patienten mit nachgewiesenem allergischem Asthma (Symptome bei Allergenexposition und Nachweis spezifischer IgE-AK) erwogen werden, sofern sie
    • Schlecht auf Pharmakotherapie oder Allergenvermeidung ansprechen
    • Eine mögliche Reduktion der Asthmamedikation anstreben.

Sublinguale Immuntherapie (SLIT)

  • Die Wirkung der SLIT auf die Symptomatik bei persistierendem, nicht gut kontrolliertem allergischem Asthma ist noch nicht eindeutig geklärt (25, 26).

Indikation

  • Eine SLIT kann bei Patienten mit Hausstaubmilbenallergie erwogen werden, die trotz Stufe-3- und Stufe-4-Therapie symptomatisch bleiben und Exazerbationen erleiden (1, 27).

Kontraindikation

Bei einer relevanten Atemwegsobstruktion (PEF < 70 %) dürfen SCIT und SLIT nicht durchgeführt werden.

 

9. Literatur

  1. Global Initiative for Asthma (GINA). Pocket guide for asthma management and prevention, 04/2021.
  2. Fanta CH: Diagnosis of asthma in adolescents and adults. UptoDate, aufgerufen 05/2021.
  3. Rothe T und Mitglieder der Arbeitsgruppe Asthma der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie: Asthma bronchiale im Erwachsenenalter. SWISS MEDICAL FORUM 2017;17(8):187–193.
  4. Leuppi JD, Steurer-Stey C, Peter M, Chhajed PN, et al.: Asthma control in Switzerland: a general practitioner based survey. Curr Med Res Opin. 2006 Nov;22(11):2159-66.
  5. Partridge MR, van der Molen T, Myrseth SE, Busse WW: Attitudes and actions of asthma patients on regular maintenance therapy: the INSPIRE study. BMC Pulm Med. 2006;6:13.
  6. Nathan RA, Sorkness CA, Kosinski M, Schatz M, Li JT, Marcus P, et al.: Development of the asthma control test: a survey for assessing asthma control. J Allergy Clin Immunol. 2004 Jan;113(1):59-65.
  7. Bateman ED, et al.: The correlation between asthma control and health status. The GOAL Study. Eur Respir 2007; 29: 56-62.
  8. Price D, Musgrave SD, Shepstone L, Hillyer EV, Sims EJ, Gilbert RF, et al.: Leukotriene antagonists as first-line or add-on asthma-controller therapy. N Engl J Med. 2011 May 5;364(18):1695-707.NEJM 05/2011.
  9. Ducharme FM: Inhaled glucocorticoids versus leukotriene receptor antagonists as single agent asthma treatment: systematic review of current evidence. 2003 Mar 22;326(7390):621.
  10. Nelson HS, et al.: The Salmeterol Multicenter Asthma Research Trial: a comparison of usual pharmacotherapy for asthma or usual pharmacotherapy plus salmeterol. Chest. 2006 Jan;129(1):15-26.
  11. Chowdhury BA, Dal Pan G: The FDA and safe use of long-acting beta-agonists in the treatment of asthma. N Engl J Med. 2010 Apr 1;362(13):1169-71.
  12. Gibson PG, et al.: Self-management education and regular practitioner review for adults with asthma. Cochrane Database Syst Rev. 2003(1):CD001117.
  13. Wilson SR, et al.: Shared treatment decision making improves adherence and outcomes in poorly controlled asthma. Am J Respir Crit Care Med. 2010 Mar 15;181(6):566-77.
  14. Gibson PG, Powell H: Written action plans for asthma: an evidence-based review of the key components. Thorax. 2004 Feb;59(2):94-9.
  15. Tattersfield AE, et al.: Exacerbations of asthma: a descriptive study of 425 severe exacerbations. The FACET International Study Group. Am J Respir Crit Care Med. 1999 Aug;160(2):594-9.
  16. Reddel HK, Barnes DJ: Pharmacological strategies for self-management of asthma exacerbations. Eur Respir J. 2006 Jul;28(1):182-99.
  17. Lazarus SC: Clinical practice. Emergency treatment of asthma. N Engl J Med. 2010 Aug 19;363(8):755-64.
  18. Bateman ED, et al.: Asthma control can be maintained when fluticasone propionate/salmeterol in a single inhaler is stepped down. J Allergy Clin Immunol 2006;117(3):563-70.
  19. Lemanske RF, et al.: Inhaled corticosteroid reduction and elimination in patients with persistent asthma receiving salmeterol: a randomized controlled trial. JAMA 2001;285(20):2594-603.
  20. Buhl R, et al.: Once-day budesonide/formoterol in a single inhaler in adults with moderate persistent asthma. Respir Med 2003;97(4):323-30.
  21. Rank MA, et al.: The risk of asthma-exacerbation after stopping low-dose inhaled corticosteroids: a systematic review and meta-analysis of reandomised controlled trials. J Allerggy Clin Immunol213; 131: 724-729.
  22. Sawicki G, Haver K: Asthma in children younger than 12 years: Treatment of persistent asthma with controller medications. UpToDate, aufgerufen 05/2021.
  23. Creticos PS: Subcutaneous immunotherapy for allergic disease: Indications and efficacy. UpToDate, aufgerufen 05/2021.
  24. Abramson MJ, Puy RM, Weiner JM:  Injection allergen immunotherapy for asthma. Cochrane Database Syst Rev. 2010.
  25. Creticos PS: Sublingual immunotherapy for allergic rhinoconjunctivitis and asthma. UpToDate, aufgerufen 05/2021.
  26. Normansell R, Kew KM, Bridgman AL: Sublingual immunotherapy for asthma. Cochrane Database Syst Rev. 2015. 
  27. Virchow JC, et al.: Efficacy of a House Dust Mite Sublingual Allergen Immunotherapy Tablet in Adults With Allergic Asthma: A Randomized Clinical Trial. 2016 Apr;315(16):1715-25. 
  28. O’Byrne PM, FitzGerald JM, Bateman ED, et al.: Inhaled combined budesonide-formoterol as needed in mild asthma. N Engl J Med 2018; 378: 1865-1876.
  29. Kerstjens, H. A. M, et al.: Glycopyrronium versus mometasone – indacaterol or twice-daily fluticasone – salmeterol in patients with inadequately controlled asthma (IRIDIUM): a randomised, double-blind , controlled phase 3 study. Lancet Respir. 2020 https://doi.org/10.1016/S2213-2600(20)30190-9.
  30. Gessner, C, et al.: Fixed-dose combination of indacaterol/glycopyrronium/mometasone furoate once-daily versus salmeterol/fluticasone twice-daily plus tiotropium once-daily in patients with uncontrolled asthma: A randomised, Phase IIIb, non-inferiority study (ARGON). Med.2020 https://doi.org/10.1016/j.rmed.2020.106021.

Weitere Quellen

Asthma-VersorgungsLeitlinien
GINA: Global INitiative for Asthma

Hinweise zur Inhalationsgeräten und Inhalationstechnik:

https://www.atemwegsliga.de/richtig-inhalieren.html

 

10. Anhang

Abbildung 4: Übersicht kurz wirksame Betaagonisten und/oder Anticholinergika (SABA/SAMA)

 

Abbildung 5: Übersicht inhalative Steroide (ICS)

 

Abbildung 6: Übersicht Kombination inhalative Steroide/langwirksame Betaagonisten (ICS/LABA)

 

Abbildung 7: Übersicht langwirksame Betaagonisten (LABA)

 

 Tabelle 4: Therapiekosten Asthmamedikamente (Auswahl)

 

 Tabelle 5: Evidenzkategorien

 

11. Impressum

Diese Guideline wurde im November 2017 erstellt, zuletzt aktualisiert im November 2021
© Verein mediX schweiz

Herausgeber
Dr. med. Felix Huber

Redaktion
Dr. med. Uwe Beise
PD Dr. med. Corinne Chmiel
Dr. med. Maria Huber

Autorin
Prof. Dr. med. Claudia Steurer-Stey

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